2016 / 1

why dont give this blog thing a chance? bloggen also im herkömmlichen, naturgemäßen sinn. mehr oder weniger ans selbst gebundene portionen des sogenannten eigenen lebens, das klappt dank zeit. sie ist das einzige, das mein auswabberndes ich noch zusammenhält. die pochenden kopfschmerzen der vergangenheit als einzig konstantes lebenszeichen. wenn man den code, der einem da ins hirn gepiepst wird, wenigstens entziffern könnte. mensch, du trottel. du karusell der ich-verseuchtheit.
ich bin wie hineingestolpert in 2016, reingekullert und hier gestrandet. nun liege ich da, angefettet durch die vielen jahre, wohlstandsbesoffen und doch prekär und außen vor, mit den immer selben vorsätzen im rucksack, zumindet das vorsetzen gebe ich noch nicht auf. dass ich mir bei fast allen anderen denke, die wären gerne wie ich, hat früher auch besser geholfen, als dieser gedanke noch gar nicht so da war.
aus dem nebenzimmer auch klage: sündemann macht die zweitausendste bewerbung für irgendwelche dokumentarfilmfestivals, sie muss dabei laut schreien um nicht den verstand zu verlieren, und man denkt sich, wenn man beim fernsehquiz gefragt würde: was würden sie mit der million machen? zu antworten: eine produktionsfirma gründen um jemanden anstellen zu können. ein vorsatz 2016? nein. aber ein ernst gemeintes ziel.
erwachsen werden. arbeiten.

marx:

Und endlich bietet uns die Teilung der Arbeit gleich das erste Beispiel davon dar, daß, solange die Menschen sich in der naturwüchsigen Gesellschaft befinden, solange also die Spaltung zwischen dem besondern und gemeinsamen Interesse existiert, solange die Tätigkeit also nicht freiwillig, sondern naturwüchsig geteilt ist, die eigne Tat des Menschen ihm zu einer fremden, gegenüberstehenden Macht wird, die ihn unterjocht, statt daß er sie beherrscht. Sowie nämlich die Arbeit verteilt zu werden anfängt, hat Jeder einen bestimmten ausschließlichen Kreis der Tätigkeit, der ihm aufgedrängt wird, aus dem er nicht heraus kann; er ist Jäger, Fischer oder Hirt oder kritischer Kritiker und muß es bleiben, wenn er nicht die Mittel zum Leben verlieren will - während in der kommunistischen Gesellschaft, wo Jeder nicht einen ausschließlichen Kreis der Tätigkeit hat, sondern sich in jedem beliebigen Zweige ausbilden kann, die Gesellschaft die allgemeine Produktion regelt und mir eben dadurch möglich macht, heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne je Jäger, Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden.

- diesem in der welt sein noch einen letzen versuch geben. 2016. ansonsten werde ich eben ausschließlich schriftsteller. -

I actually cried watching Southpark, fuck sake!

tweakvscreig

South Park, die große Erzählung der (us-amerikanischen) Gegenwart seit 1997. Und nie war der Scheiss so gut wie in der aktuellen 19. Season, beispielweise in der 6. Folge Tweek x Craig.

Man kennt das ja: Gemeinsam als Paar sich bezaubern lassen. Von South Park, Borussia Dortmund oder eben, im Feld der Liebe, von einem frischen Jüngling, oder einer strengen MILF, den oder die man sich dann mal gemeinsam ins Bett holt. (Muss aber auch nicht sein: Kollektives Anschmachten zeigt auch schon Wirkung.) Bezaubert werden kann man aber auch von einem anderen Pärchen. Vor allem von einem homosexuellen Pärchen und ganz vor allem einem schwulen Pärchen. Weil: Kaum etwas lieben Menschen wie Du und Ich lieber, als zwei sich liebende Jungs. Da geht einem das Herz auf, dass einem ganz anders wird. Und zu Recht: Man freut sich einfach, dass sowas endlich sein darf, dass Menschen sowas endlich offen leben dürfen. Und man selbst ist gleichzeitig so fucking stolz darauf, das gut zu finden, dass einem auch schon wieder ganz anders wird.
Die ganze Sache ist also widersprüchlich hoch 10. Dass es sich hier um ein Phänomen handelt, das ohne jede Frage viel Gutes, Schönes und Erstebenswertes im Menschen zeigt, ist genauso wahr, wie dass es sich dabei um positive Diksiminierung handelt, um ein unappetitliches Gehabe der politisch korrekten Bio Generation, die sich dann eben lieber mit dem guten Leben, etwa Polyamorie, als Ausweg beschäftigt, und dabei schnell mal vergisst, sich auch das reinzuziehen, was weh tut und kaum auszuhalten ist: Die mörderische Hölle, die Welt ist. Aber eben: Da ist halt auch eine gehörige Portion "proto-politisches Potential" (M. Fritz) in diesem, am Fan-Sein angeseidelten Feld der sanften Kollektivierung. Wir fühlen also beides. Wir sind bezaubert von den Gay Boys, die wir auf der Party am Wochenede sehen und finden uns zugleich selbst schäbig, diese Jungs vor den Wagen unseres guten Gewissens zu spannen (oder, wie ich immer sage: Zum Objekt auf dem Schlachtfeld unseres Begehrens zu machen).

Nun also zur Episode Tweek x Craig. Was passiert? Eine Gruppe asiatisch stämmiger Mädels (Japanerinnen! wie wir erfahren) frönt dem Manga-Genre Yaoi, "das homosexuelle Beziehungen zwischen männlichen Protagonisten mit expliziten erotischen Darstellungen zum Thema hat." (wikipedia) Ohne einen ersichtlichen Grund haben sich die Yaoi Zeichnerinnen Tweek und Craig ausgesucht, von denen sie nun herzzerreisende Bilder in Umlauf bringen, die die beiden Jungs als Paar zeigen. (Auf einer Metaebene gibt es zumindest den Verweis auf die Folge "Tweek vs Craig", Staffel 3). Aber was einmal in die Welt gesetzt wird, ist so schnell nicht mehr von da weg zu bekommen. Vor allem weil die, in der 19. Staffel zu gentrifizierungswütigen Nachhaltigkeitsbürgern verkommenen Einwohner von South Park, jeder Wirklichkeit zum Trotz unbedingt an die homoerotische Beziehung von Tweek und Craig glauben wollen (zu Realitätsverweigerung vgl. die vorhergehende 5. Folge). Natürlich auch Randy, der gerade erst den neuen Bioladen in South Park erkämpft hat: "Our town has only had our first Whole Foods for a few weeks and we already have our first gay kids. So cool." Der ADHS Spasti Tweek (man hätte keinen besseren für die Rolle finden können) und der meist übellaunige Craig verstehen die Welt nicht mehr, auch Stan findet bei seinem Vater Randy keine Erklärung (die Japaner!). Und so fügen sich Tweek und Craig nach und nach ihrem Schicksal.
Soweit so gut. Nun aber kommt der geniale Kunstgriff dieser Folge: Wir Zuschauer sehen, worüber sich die South Park Macher rund um Trey Parker und Matt Stone lustig machen, nämlich über diese positive Diskriminierung, und gleichzeitig sind wir selber hingerissen und gerührt von Tweek und Craig und finden diese Jungs wirklich zum Fressen süß (obwohl sie gar nicht verliebt sind! obwohl ihnen so übel mitgespielt wird!). Das, was die Folge kritisiert, verursacht sie im selben Moment beim Zuseher. Und das funktioniert so besorgniserregend gut, dass man nur demütig vor den Genies von Parker und Stone neiderknien kann. Da gibt es zum Beispiel einen User auf youtube, der völlig entgeistert postet: "I actually cried watching Southpark, fuck sake!". Und viele weitere User antworten: "same" und ein anderer: "I did to bro, I did to."
Wie haben die das nur geschafft? Natürlich liegt es auch an dieser teuflisch guten Musikauswahl (Peter Gabriel: The Book of Love und A Great Big World: Say Something). Diese verdammte Musik! Wir wollen sie nicht gut finden, aber wir müssen. Wir wollen nicht so sein, wie die Einwohner von South Park und doch sind wir es. Wir werden offenen Auges von Parker und Stone vergewaltigt, ohne etwas dagegen tun zu können. Das ganze Dilemma unserer Zeit wird den Zuschauern nicht nur gezeigt, sondern an ihnen selbst vollzogen! Uns geht es genauso wie Odysseus, der sich an den Mast binden lässt, um die Sirenen hören zu können. Adorno und Horkheimer sahen in diesem Selbstbetrug eine zentrale Ursache für das Übel des Subjekts im Zeitalter des Kapitalismus und der Kulturindsutrie. Parker und Stone sind ihre würdigen Nachfolger. Amen.
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Link zur Folge (im Menü rechts befindet sich die Sprachauswahl):
http://www.southpark.de/alle-episoden/s19e06-tweek-x-craig
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Gegenreformation und Klöße

oder: Ein Tribunal gegen Martin Luther und den neuzeitlichen Menschen im Allgemeinen

Sündemann und Franz in einer wahrlich glanzvollen Vorstellung:
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http://cba.fro.at/301854
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Freiheit oder DNA

Teil 1


der schriftsteller und die gesellschaft. das problem ist dann nicht mehr im mittelpunkt.
was nachher sich abspielt ist auf unterschiedlichem niveau. allgemein ist es niederträchtig, na klar.

-ich fürchte mich nicht mehr vor dem ereignis, sondern der wirkung.
- was sie hier beschreiben, das ist terror, ist doch längst allgemeines gesetz!
- aber angst machen mir ja die anderen, verstehen sie, die wir!
- beispiel therapie. weil was währenddessen schleichend sich ereignete oder auch sprunghaft, das wird im nachhinein alles viel schlimmer (grobe fälle ausgenommen!) na, weil das nachhinein ja viel länger dauert, verstehen sie? viel länger dauert! da ist es dann ein zustand. und den muss man entziffern.
- vergangenheit bleibt bestehen bis zum ewigen frieden.
- und obs am ende die mutta oder der vatta war...?
- es gehören sowieso immer zwei dazu!
- mein zustand: ein bekennerschreiben.
jetzt dämmert auch mir es, mein kopf ist schon ganz schwer. scheiss denke ich, scheiss tricolore, scheiss europa, scheiss andere.
der schulterschluss im angesicht der katatsrophe, das ist es, was mich interessiert, sage ich, und wie ich daran zugrunde gehe, sage ich. wirklich in die monade gehen, ohne leibniz, ohne kreuz und vergottung versteht sich, aber die idee von der seele als kleines zimmerchen ohne fenster, ohne türen, die nehm ich mit. ein in sich hinein projezieren der welt, auf die innere leinwand, die da im seelenzimmer aufgebaut worden ist, rindsleder oder lammfell, auf der die welt entsteht, auf der das sichtbar gemacht wird, was welt mir bedeutet. das auge, das ohr, sie sind bloße transmitter, das bild ensteht im inneren und am besten, wie bei einer projektion üblich: seitenverkehrt.
na gut, also eine schöne auswegloskigkeit.
- der faschismus war ja sowieso nie weg, nie nie nie, nie ist etwas weg, transformation, metamorphose! aber was sage ich faschismus? das ist ja schon am ende der nahrungskette, davor hat der homo ja noch ganz anderes zeug hineingefressen. rom rom rom! verbannung ans schwarze meer. ovid. heute wäre das wellness!
- die christen sind an allem schuld. der monotheismus!
- das wir gefühl!
- mein gott, die ägypter, was war das für ein volk!
-alles hat sich weiterentwickelt, transformiert? ist denn gar nichts abgestorben?
- eine furchtbare vorstellung!
- der mensch ist ein tausendarmiges monster, ist ihnen das noch nie aufgefallen?
- jetzt wo sie es sagen.
- aber alles verfault.
- viva la monade, denn sie ist der kleinste organismus. ohne arme, ohne fenster, ohne tür.
- ich habe erst mit 44 jahren das erste mal alkohol getrunken, ich wollte immer herr meiner sinne sein. das ist heute nicht mehr so.
- wußten sie, dass ein reiskorn mehr dna informationen besitzt, als der mensch? weil sich das reiskorn, aber auch die zimmerpflanze, nicht wegbewegen kann. dann heißt es anpassungfsfähig werden, reaktionsmöglchkeiten entwickeln. während der mensch, weil er ständig weglaufen und umschlaten und weiterklicken kann, mit dem plus an auswahl, ein minus an hirn generiert.
- da muss man sich dann eben entscheiden: freiheit oder dna!

...

stabiplakat02BXX

101 Listen. #57: Die zwölf Apostel der Betroffenheit

betroffenheit ist der kreuzbandriss beim aufwärmen.
betroffenheit ist die diktatur der angepassten.
betroffenheit ist der sektor der kreativwirtschaft.
betroffenheit ist ein hell in the cell match.
betroffenheit ist kunstfeindliches mitmachtheater.
betroffenheit ist die keimzelle des faschismus.
betroffeheit ist ein kollektivtrauma.
betroffenheit ist das erdbeben von lissabon.
betroffenheit ist ein publikumsliebling.
betroffenheit ist ein fernsehgarten.
betroffenheit ist ein date rape.
betroffenheit ist ein erlebnis.

Affären als als Wrestling Matcharten als Quentin Tarantino Figuren

Dreyfus-Affäre = Hell in a Cell = Mr. Orange
Watergate-Affäre = I Quit Match = O-Ren Ishii
NSA Überwachungs- und Spionageaffäre = Lumberjack Match = Stuntman Mike
Wulff-Affäre = Loser Leaves Town Match = Pumpkin and Honey Bunny
Lewinsky-Affäre = Last Man Standing Match = Melanie Ralston
Waldheim-Affäre = Elimination Chamber = Hans Landa

Gegenwart als Listen von Listen aus Wikipedia als Werwolffilme

Design = Liste von Listen von Arbeitslagern in China = Der Satan mit den tausend Masken

Geteiltes und geliktes Mitgefühl = Liste der Listen von Abkürzungen = Der Tod hat schwarze Krallen

Kreativität = Liste der Listen der Hieb-, Stich-, Schlag- und Stoßwaffen = Ein Werwolf beißt sich durch

Gesundheit / Lebensmittelunverträglichkeiten = Liste der Listen der Staatssymbole der Bundesstaaten der Vereinigten Staaten = Das Biest in Dir

Repräsentation = Liste der Listen deutschsprachiger Bezeichnungen nicht deutschsprachiger Orte = Werwolf wider Willen

Ironie = Liste der Listen der U-Bootwaffengattung = Werewolf Women of the SS

Realweltdrohung = Liste von Listen, die sich nicht selbst enthalten = Harry Potter und der Gefangene von Askaban

Gefängnisse als Franks als Ehren- und Feiertage der DDR

Alcatraz = Frank Zappa = Tag der Zivilverteidigung
Abu-Ghuraib = Frank-Walter Steinmaier = Tag der Grenztruppen der DDR
Stammheim = Frank Castorf = Weltalphabetisierungstag
Sing Sing = Frank Sinatra = Weihnachten
Steinhof = Frank Stronach = Tag des Metallarbeiters
Allianz-Arena = Franck Ribéry = Internationaler Frauentag

101 Listen. #56: amüsiert mich

5. Beuys Sonne statt Reagen https://www.youtube.com/watch?v=DQ1_ALxGbGk
4. Lüpertz im Allgemeinen
3. Lüpertz und Nitsch durch Wien: https://www.youtube.com/watch?v=iuJ1VwXzHqw
2. Dieses Jelinek Interview aus 2004: http://www.profil.at/home/interview-ich-liebesmuellabfuhr-99059
1. Bernhard

101 Listen. #55: Top Ten Vorzeige Intellektuelle der alten Schule aus der Sicht meines 18-jährigen Ichs, aber mit meinem heutigen Wissensstand

10. Jean-Luc Godard
9. Franz Schuh
8. Stefan Zweig
7. Peter Huemer
6. Susan Sontag
5. Theodor W. Adorno
4. Jorge Luis Borges
3. Roland Barthes
2. Hannah Arendt
1. Elias Canetti

Es fehlen: Elfriede Jelinek (zu modern), Klaus Mann (zu früh gestorben), Friedrich Schlegel, August Wilhelm Schlegel, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (zu früh gelebt und zu lange Namen), Michel Foucault (zu wenig literarisch), Thomas Bernhard (zu cool und zu wenig intellektuell), Michael Kerbler (zu schlecht gekleidet)

Lost-Figuren als Klassiker der Philosophie als Beatles-Songs

Jack = Kritik der praktischen Vernunft (Immanuel Kant) = Get Back

John Locke = Vita Activa (Hannah Arendt) = I Just Don’t Understand

Desmond = Sein und Zeit (Martin Heidegger) = Penny Lane

Kate = Gedanken über Erziehung (John Locke) = Everybody’s Trying to Be My Baby

Hurley = Über das Glück (Augustinus) = Baby You’re a Rich Man

Ben = Jenseits von Gut und Böse (Friedrich Nietzsche) = I Should Have Known Better

Jin = Herrschaft und Knechtschaft (GWF Hegel) = Here comes the Sun

Richard = Can the Subaltern Speak? (Gayatri C. Spivak) = When I´m Sixty Four

Daniel Faraday = Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie (Albert Einstein) = Your Mother Should Know

Jacob = Staying with the Trouble (Donna Haraway) = Come Together

Tauben, Tänzer und Helene Fischer


von Lia Sündemann


Zehn schwarze Menschen, die Neger spielen, bilden ein Spalier, je fünf auf jeder Seite. Mit der einen Hand hält jeder eine zwei Meter hohe Fackel, die andere lassen sie leicht im Takt schwingen. Die Schlagersängerin breitet die Arme aus, steigt die Treppe hinab und schreitet lächelnd durch die Reihe der Menschen. „Ich bin frei, endlich frei“ singt sie. Auf einer Plattform kommt sie zum stehen und während um sie herum ein Feuerwerk losbricht, singt sie davon, dass sie nun im Licht steht, - eine solche Strophe, eine Freude für die Leute von der Choreographie, denke ich mir. Da passt das dann auch so gut mit dem Feuer am Schluss. Und dass die Freiheit im erlösenden Licht noch einen Beigeschmack hat, fällt sicher niemandem auf. Auch mir erst später.
Zweitausend Menschen sind gerührt und versonnen, zumindest jene, die im Fernsehen in Nahaufnahme gezeigt werden, sie sehen sich, wie ich glaube, zeitgleich selbst auf einer Leinwand, und spätestens in diesem Moment, sollte ihnen dann klar sein, wie sie zu gucken haben. Das mit der Leinwand ist mir übrigens nur eingefallen, weil es eine Publikumsreaktion auf eine Nahaufnahme gab: Ein schwules Pärchen (Promis) küsste sich wild, genau genommen streckte einer dem anderen herausfordernd die Zunge entgegen, während dieser sich abwandte, vielleicht wegen der öffentlichen zur Schaustellung, jedenfalls jaulte da das Publikum fröhlich und so bekam ich das mit den Leinwänden heraus (wie es auch bei jedem großen Rockkonzert üblich ist, ja stimmt, ich erinnere mich).
Die Schlagersängerin wird von ihrem Mann, dem Schlagersänger, in Empfang genommen und sie küssen sich unter dem Johlen des Publikums. Er ist auch berühmt, oder war es mal, denn wäre er so erfolgreich wie sie, würde wohl sie ihn mit einem Kuss in Empfang nehmen. Die Gestaltung des Abends sieht vor, dass die beiden den Zuschauern nun einen kleinen Einblick in ihre private Glückswelt gewähren und darum setzten sie sich neben einander zum Talk an eine Art Bar im unfreiwilligen Design eines Autobahnrasthofs. Ob sie denn wüsste, dass 25 % aller Deutschen am liebsten mit ihr Weihnachten feiern würden? Und ob sie außerdem wüsste, dass 83 % aller deutschen Männer sie für die perfekte Frau hielten? Was sie denn dazu sagen würde, so ihr Mann. Was er denn dazu sagen würde, fragt sie zurück und in diesem Moment gibt es Menschen im Publikum und vor dem Fernseher die sehnlich hoffen, er würde seine Eifersucht nicht länger im Zaum halten können und anstelle des unterwürfig gepressten „ich hab wohl viel Glück gehabt“ schreien, „Ich hasse es, dass du erfolgreicher bist als ich, du bist eine eingebildete Schlampe!“ und sie würden mit den künstlichen Leuchtbäumen auf einander eindreschen, wie mit mittelalterlichen Lanzen.
Die anderen Zuschauer wünschen sich hingegen das zu sehen, was auch gezeigt werden soll, nämlich die glückliche Beziehung die auch funktioniert, wenn beide eiserne Karierristen sind und sich nie sehen. Es passiert weder das eine, noch das andere. Die geplante Choreographie sieht vor, dass die Schlagersängerin nun aus einem Umschlag die Ergebnisse einer Forsaumfrage vorliest, die eruiert hat, was Männer sich von ihren Frauen wünschen. Mehr reden, mehr Zärtlichkeit, mehr Aktivität. Es gibt nichts dazu zu sagen, die Ergebnisse sind nichtssagend. Auch die Ergebnisse der Umfrage, was Frauen sich von ihren Männern wünschen, bringen da nicht mehr Klarheit, da hilft es auch nicht, dass sie in Oscar-Preisverleihungs-Maniern von der Schlagersängerin vorgetragen werden. Im Wesentlichen decken sie sich mit den Wünschen der Männer. Zum Glück findet der Schlagersänger sich nicht wieder in diesen Zahlen. Geredet wird seiner Ansicht nach in ihrer Beziehung genug. Dass er sich mehr Zärtlichkeit wünschen würde, bleibt in einem ungelenken Gag hängen, als die Schlagersängerin sich wie aufgefordert zu ihm beugt, um ihn zu küssen und er das, indem er sich abwendet, auf das private Zuhause verschiebt, von dem niemand weiß, ob es existiert. Liebe als Arbeit für die Vielen, denen Liebe auch genau das ist: Eine Arbeit, die darin besteht, Liebe professionell zu performen. Zu sagen dass man glücklich ist, ist das Glück. Und wer das nicht macht, ist selbst schuld. Aus Sprachlosikeit und damit die Show weitergeht und endlich Schluss ist mit dem Quatsch bittet er sie noch ein paar ihrer Hits zu singen und mit größter Freude stimmt sie ein Lied an - über das Durchhalten.

Wenn man von der U-Bahn Haltestelle Ebertplatz, dem ehemaligen Adolf Hitlerplatz hinauf geht, kommt man an eine Unterführung, die sanft in den Beton des Platzes hinübergeht. In dieser Unterführung saßen letztens zwei Tauben und schliefen fest und sie sahen aus wie kleine graue Steine, wie sie so da saßen. Heute stand in der Unterführung ein Mann und tanzte. Er hatte Kopfhörer auf und bewegte sich zu der Musik mit der Routine eines Clubbesuchers.

...

RRK-Poster2

Neue Folgen online, ihr Wixer: http://cba.fro.at/series/radio-ranking-king

leistung und vergnügen

Franz-Xaver Franz Drama-Queen

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mauszfabrick - 2022-10-05 16:54

and i quote

"Mit Honig auf dem Kopf tue ich natürlich etwas, was mit denken zu tun hat." Joseph Beuys

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