Film & Kino
Es ist ja bekanntlich so: Die schlechten Woody Allen Filme sind immer noch ziemlich gut und die guten Woody Allen Filme sind großartig. Kaum auszumalen also, wie ultragalaktischgeil seine besten Filme sein müssen. Blue Jasmine ist einer von ihnen.
Und so gilt für das Publikum dasselbe, wie für Jasmine: "He swept me of my feet". Nur sind die Folgen von diesem Den-Boden-unter-den-Füßen-verlieren von weit unterschiedlicher Dramatik. Während wir KinobesucherInnen uns nämlich von Altmeister W. Allen umwerfen lassen, wird Jasmine von ihrem späteren Ehemann Hal aus der Bahn geworfen, während der Pianist Blue Moon trällert - eine jener Anekdoten, die Jasmine gebetsmühlenartig im Laufe der Geschichte wiederholt. Geendet hat Jasmins Umgefworfen-werden allerdings mit K.O., weil es da keine Grundlage gab, auf der sie wieder hätte Fuß fassen können. Denn auch wenn man sich seine eigene Lebensgeschichte noch so oft erzählt: sie wird sich nicht umschreiben - und wahr wird sie auch nicht. Vor allem nicht in einer (High) Society, in der alles zur Phrase verkommt und der Schein das Sein längst aufgesogen hat.
Umso schlimmer, wenn man den dummer Fehler begeht, aus diesem Spiel auszusteigen. (Achtung Spoiler!) Gemeint ist Jasmines Anruf beim FBI, mit dem das Schicksal seinen Lauf nimmt. Der Stiefsohn bricht wie einst Jasmine sein Studium ab, verlässt die Familie und wird drogensüchtig. Ein klein bisschen schlimmer verläuft Gatte Hals Lebensabend: Der veruntreuende Untreue landet im Knast, wo er sich sich, wie Jasmine betont, das Genick gebrochen hat. Wobei... wer hat da eigentlich wem das Genick gebrochen?
Jasmine Francis gibt es nicht
Zufällig hab ich mir den Film gleich zweimal im Kino angesehen, an zwei aufeinanderfolgenden Tagen und war dann überrascht, wie sehr sich das, was ich beim zweiten Mal sah, von meinem ersten Eindruck unterschieden hat. Denn, ich gestehe, ich bin tatsächlich ganz schön auf Jasmine reingefallen. Oder sagen wir vielmehr: Auf Cate Blanchett. Und da zeigt sich wiedermal, wie gut es ist, eine zweite Chance zu bekommen, etwas, das Jasmine ja leider nicht nicht zugesprochen wird.
Erst bei meinem zweiten Mal, habe ich die ganze Dimension dessen erfasst, was Blanchett da eigentlich wirklich leistet. In kleinen Gesten, in den subtilsten Bewegungen und den feinsten Variationen der Stimmlage - hier verrät Cate Blanchett Jasmine, als das, was sie ist: Keine gerade-noch-Opportunistin, sondern eine leider-schon-Verbrecherin, die weniger wirklichkeitsfremd als kaltblütig agiert. Jasmine ist auch verantwortlich für den finanziellen Ruin ihrer Schwester, denn sie ist es, die vorschlägt, den Lottogewinn sofort zu investieren - nicht Hal. Es ist also kein Wunder, dass Jasmine, einer griechischen Tragödie gleich, von den Rachegöttigen heimgesucht und letztlich in den völligen Wahnsinn getrieben wird. Es ist weniger der Verlust der öknomischen Existenz, als das brennende Schuldgefühl, das auch Jasmine letztlich das Genick bricht. Sehen und erkennen kann (will) die Gebrochene das alles jedoch schon längst nicht mehr, denn ähnlich wie Ödipus sucht sie im Moment der Erkenntnis die Blindheit. (In diese Versuchung hat die umwerfende Cate Blanchett eben auch mich geführt).
Jasmine ist eine, den (us-amerikanischen) Mythen von Reichtum und Glanz verfallene Frau, die in sich in einem einzigen, rießengroßen Simulacrum eingenistet hat, in dem sie zwar alles mögliche, aber nicht sie selbst ist. Wie es sich für eine gute Gattin gehört, nimmt sie den Nachnamen des Ehemanns an, doch Jasmine geht noch einen Schritt weiter: Auch ihr Vorname ist nicht mehr ihr eigener, aus dem langweiligen Jeanette wurde ein duftendes Jasmine. Selbstauflösung im großen Stil. Jeanette gibt es nicht mehr und Jasmine Francis hat sich abgeschafft. Und zwar im Zuge ihrer Ehe zu Hal, dem es natürlich weniger um Jasmine geht, als um die Notwendigkeit einer konversationstüchtigen, gutaussehenden Ehefrau für diverse Empfägne und Cocktailpartys. Genau dafür benötigt auch Dwight (der fesche Botschafter aus Vienna, den sie bei einer dieser Partys kennenlernt) Jasmine. Auch hier versucht sie ihr (Un)Glück. Dieser verzweifelte Versuch, erneut in eine Blase einzutauchen, wird für Jasmine und uns ZuschauerInnen zum wahren Höllentrip. Jasmine wird durch das, was sie mit Dwight durchlebt, ihr Niedergang als unabhängige Frau nochmal schmerzhaft vor Augen geführt und so ist es nur verständlich, dass Jasmine nach dem Heiratsantrag gleich mal eine anständige Dosis Antidepressiva schlucken muss (und wir schlucken im Geiste mit ihr).
Die Frau exisitiert in diesem Kosmos nur über ihre Definition durch den Mann. Fällt dieser weg, ist es auch um die Witwe geschehen. Und so hat dieser Film ein ein nicht unradikales feministisches Element, das jedoch nicht zur Botschaft verkommt (also dafür ist Allen nun wirklich nicht der Richtige) und somit umso stärker wirkt. Als Jasmine, die betrogene Ehefrau, ihre Würde zurück erlangen will, indem sie das FBI ruft, bekommt sie erst recht eine aufs Maul. Das ist die Tragik an ihrer Geschichte: Emanzipation unmöglich. Gleichzeitig definieren sich die Männer dieses Films beinahe nur über ihren Beruf und ihr Vermögen. Ach Woody, leben wir denn immer noch im 19. Jahrhundert? Zumindest in manchen Bereichen scheint es so. Und so kehrt Allen von seinen cineastischen Ausflügen, die ihn mit seinen letzten drei Streifen nach London, Paris und Rom geführt haben, mit einem wenig schmeichelhaften Film über die us-amerikanische Gesellschaft in sein Geburtsland zurück. In einem weiteren katastrophalen Hollywood-Jahr, ist Allen einer der wenigen (mir) bekannten Regisseure, der dem us-amerikanischem Kino, das seine Vormachtstellung auch in Sachen Qualität längst an die Fernsehserie verloren hat, noch so etwas wie Relevanz verleiht.
Rationale Empathie
Jasmines Story ist - na no na net - eine Metapher auf die Finanzkrise und deren Ursachen. Mit dem Geld verhält es sich so, wie mit Jasmine: Es wird mit etwas gehandelt, das es nicht gibt. Etwas, das kein Back-Up mehr kennt, durch keine Goldreserven abgedeckt wird und dessen Wert dadurch schrecklich inflationär und arbiträr wird. So wie der Wert von Jasmine Francis. Und da wie dort muss der Zeitpunkt kommen, wo die Blase platzt. Alles das erzählt Allen jedoch ohne Zeigefinger und Holzhammer. Sein Film ist ein beschwingter Swing am Abgrund einer ökonomisch wie seelisch zerstörten Existenz, in Szene gesetzt mit einem infernalen Humor, dessen völliges Verschwinden in der letzten Szene des Films, als Jasmine auf der Parkbank endgültig zu Grunde geht, einen vor Schrecken erschaudern läßt. Jedoch nicht Brutalität, Provokation oder Affekt sind die Mittel, die Allen einsetzt, sondern eine ganz besondere Form der Empathie, deren Funktionieren nicht nur auf einer Gefühlsebene, sondern auch auf einer rationalen Verstandesebene fußt.
Das mag jetzt etwas pathetisch und doof klingen, aber: Bei Blue Jasmine sieht man nicht nur den Regisseur Woody Allen, sondern auch den an Lebensklugheit reichen Menschen Woody Allen am Gipfel seines künstlerischen Schaffens. Blue Jasmine ist ein Werk, das in der Sichtbarmachung des Zusammenspiels aus individueller Psychologie auf der einen, sowie gesellschaftlicher Strukturen und Zwängen auf der anderen Seite zu universaler Bedeutsamkeit gelangt und von vereinfachenden Gut-Böse Dichotomien verschont bleibt. Gepaart mit einem breitfächrigen Figurenensemble, absurder Komik, dem Potrait einer Stadt und der Chronik eines zugrundegehendes Landes, steht Blue Jasmine der Tradition von Grandmaster Dostojewski (den Allen eifrig in Match Point zitiert). Und ein noch hochtrabenderes Kompliment fällt selbst mir nicht mehr ein, bei einem Film, für dessen Existenz ich vor lauter Dankbarkeit jeden Tag ein Rosenkranzerl beten könnte.
Lebensmensch - 2013-12-29 14:44
OMG! Dank B. hatte ich eine Freikarte für die Deutschlandpremiere von Jim Jarmuschs Only Lovers Left Alive. Und ja: JJ himself war auch da, hat kurz gesprochen und nach dem Film sogar mit seiner Band gespielt. Und ja: Er ist so, wie man ihn sich vorstellt: Ungemein sympathisch, ungemein klug und natürlich extrem gutaussehend. Und so ziemlich genau dasselbe läßt sich auch über seinen neuen Film sagen. (und weil es mit dem kinostart für (normal)sterbliche noch bis nach weihnachten dauert, verrate ich hier nichts wichtiges)
Von Franz Schubert bis Jack White
Als Vampir hat mans auch nicht leicht dieser Tage: Die Umweltverschmutzung nimmt zu und die Menschen leben ungesund. Das heißt: Gutes Blut ist schwer zu bekommen. Außerdem kann man ja heutzutage nicht einfach irgendjemanden aussaugen, das wäre einfach so "fucking 15. century!". Überhaupt haben Vampire weit menschlichere Probleme, als man glauben mag (nur Geldsorgen plagen sie keine). Aber es gibt etwas, wofür es sich zu leben lohnt: Die Liebe zueinander und aber vor allem: Die Liebe zur Kunst. Im Mittelpunkt von Only Lovers stehen zwei solcher sich liebender Vampire, deren Namen auch nur in einem Jarmusch Film so lauten dürfen: Denn sie heißen (sind?) tatsächlich Adam und Eve.
Adam und Eve sind Vampire, wie man sie sich immer gewünscht hat. Sie sind der wahr gewordene feuchte Traum von Jorge Luis Borges, sie sind die ultimativen Intellektuellen. Es gibt keine Sprache, die sie nicht sprechen, kein Instrument, das sie nicht beherrschen, keine Wissenschaft, die sie nicht studiert hätten. Und einen verdammt guten Geschmack haben sie auch. So steht in Eves Bücherregal neben Don Quijote und Kafkas Verwandlung auch Infinite Jest, sie lieben Jack White ebenso wie Franz Schubert. Adam ist zudem ein genialer Komponist und Musiker, nur leider halt so Öffentlichkeitsscheu. Und so kann Jarmusch auch darüber phantasieren, welche Musik denn nun Adam, dieser vielleicht größte aller Musiker, im Jahre 2013 so schreiben und spielen würde (was umso witziger ist, weil ja u.a. Jarmusch selbst den Soundtrack eingespielt hat.) Aber wie es eben so ist mit den Intellektuellen: Irgendwie sind sie immer Außenseiter, müssen Repressionen fürchten und verzweifeln ganz schön an der Welt und den blöden blöden Menschen, die der suizidale Adam treffend Zombies nennt. Eve hingegen bereitet die bedingungslose Liebe zur Literatur und Natur ein erfülltes Leben. Überhaupt ist Eve die zauberhafteste Figur, die man sich vorstellen kann und ohne jede Frage der coolste Vampir, den die Welt je gesehen hat. (Sorry Eric Northman!)
Ebenso cool wie Adam und Eve ist auch ihr Freundeskreis. Denn Eves bester Freund (ebenfalls Vampir), ist kein geringerer als Christopher Marlowe, der zweite große Dramatiker des elisabethanischen Zeitalters neben Shakespeare. Und klar: wenn man schon mal Marlowe auf die Leinwand bringt, muss natürlich auch endlich das ewige Rätsel gelüftet werden, wer von den beiden, Shakespeare oder Marlowe, denn nun wirklich den Hamlet geschrieben hat - auch diesen Spaß kann sich Jarmusch nicht verkneifen. Es ist nur leider die fast schon brachiale Art dieses Humors, die so ganz im Gegensatz zu dem poetischen Fluß der visuellen Erzählung steht. Es sind diese zu häufig und zu deutlich erzählten Witzchen, die keine Anspielungen, sondern eher Holzhammer sind. Die Figuren reden nicht miteinander, sondern müssen dem Publikum alles erklären, was gar nicht nötig wäre, denn nicht nur die Vampire sollen im Dunklen gelassen werden, auch wir wollen dort sein. Hier hätte dem langsamsten aller Filmemacher ein bisschen mehr Gemächlichkeit gut getan. (Aber wer hätte das gedacht, dass es ausgerechnet Jim Jarmusch einmal an gutem Humor fehlt?)
A Match made in Heaven
Adam wohnt im düsteren Detroit, dieser vom Kapitalismus ausgesaugten, leblosen Stadt und Eve in Tanger, Marokko. Eine wunderschöne Kombination. Und auch wenn Adam mehr der Bastler und Eve mehr die Naturkennerin ist, bedient der Film keine Sekunde lang nervige Geschlechterstereotypen. Zu universal und gleichzeitig zu individualistisch ist das zum dritten Mal verheiratete moderne Paar, das sich auch mal eine Zeit lang (und man kann nur ahnen, wie lange das sein mag) eine Fernbeziehung gönnt. Adam und Eve sind Antagonisten, aber nicht schwarz/weiß, nicht Tag/Nacht. Sie ergeben ein großes Ganzes, ohne aber den Anspruch einer Totalität, sind ein Puzzle, das nie zum Ende kommt. Diese Figuren-Konstellation, dieses unsterbliche Liebespaar so gut hinzubekommen, das ist die vielleicht größte Leistung dieses Films. Umso störender, dass mit der Figur von Eves Schwester eine völlig unnötige und flache Figur auftaucht, die dem Film überhaupt nicht mehr hinzufügt, als das hübsche Gesicht der Mia Wasikowska. Ich hätte das nicht gebraucht. Ich hätte mir 5 Stunden lang Adam und Eve anschauen können, wie sie Bücher in allen Sprachen und Schriften lesen, kostbare Gitarren streicheln und Pflanzen mit ihren lateinischen Namen begrüßen. Dazu der grandiose Soundtrack dieses Films, die wunderbare Ausstattung und natürlich die über Allem schwebende Tilda Swinton (der man anmerkt, wie sehr sie sich mit Eve indentifizieren kann). In seinen guten Momenten ist dieser Film so erhaben, wie seine Heldin.
Die Welt muss poetisiert werden
Und erhaben sind Jarmuschs Filme für mich auch über den Vorwurf des Unpolitischen, weil sie eine Gegenrealität entwerfen, einen anderen Blick, der jedoch weder naiv noch kitschig ist. So steht Jarmusch gewissermaßen ganz in der Tradition der deutschen Frühromatik, mit ihrem Diktum, dass die Welt romantisiert / poetisiert werden müsse. Novalis: „Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Aussehen, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es.“ Aber dazu sind die Zombies eben zu feige, denn es ist diese "Scheißangst vor ihrer Phantasie", wie Adam es formuliert, die die Menschen in den Kerker ihrer Tristesse sperrt - und die Nachtigall Adam mit dazu. Es bräuchte eben mehr Robertos, die legendäre Figur aus Jarmuschs Down by Law ("gespielt" von Roberto Begnigni), der in der Gefängniszelle ein Fenster an die Wand zeichnet und nach Icecream verlangt. Denn er ist es, der den Ausbruch aus dem Gefängnis organisiert und dabei nicht nur sich selbst befreit. Vielleicht treffen Adam und Eve den unverwüstlichen Roberto ja mal - und saugen ihn auf die dunkle (dh helle) Seite der Welt. Denn wir wissen: Nur diejenigen, die lieben, überleben.
Lebensmensch - 2013-12-11 01:16
Ach Deutschland! Du bist das Land, in dem Polizisten mit Fußpflegeprodukten bestochen werden - und zwar erfolgreich. Diese Episode etwa, liefert eines jener genial-skurrilen Bilder, die in
Finsterworld über das vor sich hin dösende Mutti-Land Germany gezeichnet werden. Und so beginnt Finsterworld auch ganz anders, als ich das erwartet hätte: Traumhafte Aufnahmen aus einem (vermeintlich) unberührten deutschen Wäldchen - und als Musik dazu gibt es tatsächlich Cat Stevens / Yussuf Islam (
The Wind). Die Eier muss man erst mal haben, einen Film so beginnen zu lassen. Vor allem, weil es sich dabei weder um Ironie noch Zynismus handelt, gleichzeitig aber auch nicht um Pathos oder Kitsch, sondern um irgendetwas anderes, irgendwas, das schwer zu fassen ist, gleichzeitig ein bisschen stimmig und ein bisschen verstörend. Es handelt sich also um Kunst. (wie ich sie am liebsten mag. aka: wie sie sein soll)
Finsterworld wäre um ein Haar ein wirklich fantasitisches Portrait über Deutschland geworden und noch dazu ein richtig guter deutscher Kinofilm (und davon gibt es wahrlich nicht viele). Umso tragischer, dass man es dann doch ein wenig vermasselt hat.
Wenn da nur Draco nicht wäre
Als ob der Faschismus blond wäre. Blond und blauäugig und elitär. Blond und blauäugig und elitär und (Achtung, jetzt kommts), intelligent. Nenene, das glaub ich nicht, dass der Faschismus so aussieht. Ich weiß allerdings gar nicht, wie er denn nun wirklich aussieht. Ich glaube ja viel mehr, der deutsche Gegenwartsfaschismus hat kein Gesicht. Der Kapitalismus schon, der hat viele, so so viele, ein wahres Tentalkelgesicht ist der Kapitalismus, ein tausendarmiges Scheusal, so umfassend, dass er den Faschismus längst einverleibt hat und irgendwo als lebenden Kadaver zappeln läßt. (Ja, ich weiß: Naturalisierung (dh Mythisierung) wirken einem Verstehen entgegen und kann dem Kapitalismus nur recht sein. Ich aber bin in diesem Falle zu wenig klug für etwas anderes.)
However.
So sieht er jedenfalls aus, der ultimative Bösewicht in Finsterworld, der zumindest laut Christian Kracht (Drehbuch!) den Faschismus repräsentiert (oder wohl eher
verkörpert). Leider gabs diesen bloden Teufel unlängst schon ausführlichst im Kino zu bewundern:
Draco Malfoy, reinrassiger Musterschüler aus Hogwarts. Könnte trotzdem ja irgendwie noch gut gehen, wenn da nicht auch noch alles andere an dieser Figur (und überhaupt dieser ganzen KZ-Besuch-Story) überraschend stereotyp und flach wäre. Wie konnte das passieren, wo es in dem selben Film so wunderbar eigenartige Figuren gibt? Absicht? Weil eben Faschismus = simpel? Schade vor allem deswegen, weil man sich so eine der eindrucksvollsten Szenen ever verbaut. Die linksliberale Sympathieträger-Schülerin wird während dem KZ-Besuch von Draco und seinem Helferlein in den Verbrennungsofen gesperrt. Sie brüllt und weint und schreit, aber, liebe deutsche Nachgeborene, auch für dich gibt es kein Entrinnen aus dem Holocaust. Was für ein Bild. Und so wäre es das Beste gewesen, man hätte die KZ-Episode dabei belassen, anstatt den unsinnigsten Twist des ganzen Films einzubauen, den zu verraten ich mir nun verkneifen werde. Sehr, sehr schade drum. Irgendwie scheint es dann doch, dass auch dieser Film sich nicht ganz befreien kann. Und zwar aus einer Zwangsjacke des Erzählens.
Leider doch nach Anleitung
Es sind vorallem die letzten 15-20 Minuten, die vieles von dem, was so behutsam und rätselhaft und liebevoll über den ganzen Film hinweg aufgebaut wurde, wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen läßt. Jede Episode bekommt dann plötzlich ein Ende und damit also einen Sinn (weil you know: Ende (aka Tod) = Zeit = Sinn.) Aber wir wissen auch: "Geh weg du blöder Sausinn!", wie ja Krachts Kollege R. Goetz so schön geschrieben hat. Hat hier die gebürtige Dokumentarfilmerin Frauke Finsterwalder ihrem Drehbuchautor und Ehegatten C. Kracht ein doch zu literarisches Zugeständnis gemacht und den Eindruck, der Erzählung Untertan gemacht? (übrigens Spielfilmdebut von Fr. Finsterwalder, also umso mehr Hut ab! Und ja: Name Regisseurin / Name Film. Auch nicht unwitzig muss man sagen).
Ich finds umso seltsamer, weil ich das tatsächlich bewundernswerte Power-Pärchen Finsterwalder und Kracht bei einem ausführlichen Gespräch in Köln gesehen habe und die dort erzählt haben, sie wollten das Drehbuch erst so einem Ratgeber folgend schreiben ("How to write a Drehbuch"), was sie aber dann doch nicht gemacht haben. Was letztlich dabei rausgekommen ist, ist zwar, ums nochmal zu sagen, großartig, dann aber leider doch ein bisschen kaputt erzählt, im vorauseilenden Gehorsam an längst überholte Erzählkonventionen. Typisch deutsch also.
Lebensmensch - 2013-11-28 13:20
Nach
zweijähriger Vorarbeit darf ich heute die ersten Gewinner der ersten Vorrunde zur ultimativen Liste
Die besten schlechten Filme aller Zeiten präsentieren. Insgesamt wird es vier Vorrunden geben, in denen jeweils drei Filme ausgezeichnet werden. Die zwölf Gewinnerfilme werden dann einer weiteren ausführlichen Untersuchung unterzogen, um im Anschluss die zwei schlechtesten guten schlechten Filme dieser zwölf Filme zu streichen und schlußendlich eine Top Ten anzufertigen.
Mit der Verkündigung der nächsten drei Vorrundengewinner rechnen wir im Frühjar 2014. Die Präsentation der endgültigen Top Ten wird für 2020 erwartet.
Die ersten drei Vorrundengewinner lauten:
Widmen wir uns zuerst
Over The Top. Zur Erinnerung: Eine der Grundregeln dieser Liste lautet: Keine prototypischen Genre-Filme! Wenn sich ein Film zu streng an Genre-Gesetze hält, entzieht er sich unseren Urteilen, denn über was wir dann zu richten hätten, wären die Genre-Gesetze und nicht deren Exekutive. (Siehe auch unser Punkt: "Der Film macht das, was er will, zu gut"). Um so wunderbarer sind deshalb Filme, die haarscharf am klassischen Genre-Film vorbeischrammen, bzw. Filme, die gleich mehrere Genres zusammenwürfeln. (Siehe auch die vielen Genres von Sister Act). Over The Top wird in unserer Liste allerdings wohl das schönste Beispiel für diesen mehrfachen Tribut an den Genre-Film sein. Und was für Genres dieser Film erst anzapft: Den Sportfilm, das Road-Movie, das Sozial-Drama (Working-Class-Hero), sowie das wunderbare Genre: Verstoßener-Vater-wirbt-um-Liebe-des-Sohns-Film. Ich habe dieses 80er-Jahre-Juwel wiederentdeckt, als ich vor einigen Monaten auf Sport1 (ehemals DSF) gelandet bin, die jeden Dienstag das
Sport1 Männer Movie zeigen. Und wahrlich, besser könnte ich es auch nicht auf den Punkt bringen. Ein Männer-Movie. Und doch so voller Herz, so voller Gefühl, so voller Liebe - das würde selbst Judith Butler zu Tränen rühren. Aber, liebe Judith, ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss. Weil, und das ist die Botschaft dieses Films:
The world meets nobody halfway! Aber in Over The Top lernen Vater und Sohn voneinander. Verdeutlicht wird dies in zwei fantasitischen Szenen, auf die mich Benjamin Ramirez Perez aufmerksam gemacht hat: Wir sehen Lincoln und seinen Sohn Michael im Truck einschlafen. Michael legt seinen Kopf auf die Schulter des Vaters. Schnitt: Wir sehen, es ist Morgen. Und nun ist es der Vater, der auf der Schulter seines Sohnes schläft. Zweites Beispiel: Am Ende des Films bricht Michael von Zuhause aus, um beim lebenswichtigen Armdrückwettbewerb seines Vaters zuzusehen. In letzer Sekunde schafft er es noch rechtzeitig. Hier wird die klassische Szene - der Vater kommt (fast) zu spät zu der Schulaufführung des Kindes - auf den Kopf gestellt. Vater und Sohn sind sich also gegenseitig Schüler und Lehrer. Und alleine für diese weise Erkenntnis, für diese Dialektik der Erziehung, gebührt diesem Film ein Platz in den Top Ten. Ganz zu schweigen von den zahlreichen endgeilen Montagen und der noch endgeileren Musik, die den Höhepunkt der 80er-Jahre Soundtracks bildet. (In Arbeit befindet sich auch eine RadioRakingKing Ausgabe zu OTT, mit OTT Experte B. Patrick)
- Schönstes Detail: Das im Truck integrierte Trainingsgerät
- Schönste Überraschung: Kult-Wrestler Terry Funk spielt eine Nebenrolle (Bodyguard vom bösen Opa)
Bei
Sister Act handelt es sich um das wundervollste Beispiel einer soliden Musikkomödie a la Hollywood, die den Mythos von der Kraft der Musik zu einem neuen Höhepunkt führt. (Ich möchte sagen, der beste Schmarrn über Musik seit den Meistersingern v. Nürnberg) Aber Sister Act ist nicht nur Musik, gleich eine Vielzahl an Genres werden hier meisterhaft zusammengewürfelt: Musical, Internatsfilm, Verwechslungskomödie und Gaunerfilm - und das alles in Kombination mit lachmuskelattakierendem Nonnennonsens.
Das verlinkte Video zeigt, wie brillant einfach und klar die Charaktere der jeweiligen, wunderbar stereotypen Figuren in der ersten Gesangsszene präsentiert werden. In dieser unglaublichen Szene sehen wir Hollywood-Mainstream-Kino in absoluter Perfektion. Was alleine in diesen drei Minuten alles erzählt wird... einzigartig. (Ganz ehrlich: Ich bekomme auch beim hundersten Mal anschauen noch Gänsehaut bei dieser Szene.) Und auch der Cast von Sister Act verspricht eine Plazierung in den Top Ten. Jede einzelne Nonne hätte besser nicht besetzt werden können. Zudem haben wir mit Harvey Keitel als fiesem Las Vegas Gauner eine geradezu perfekte Besetzung der wichtigsten Nebenrolle. Veredelt wird dieser Handlungsstrang noch durch Keitels kongenialem Handlager-Duo, das ganz in der Hollywood-Tradition der dümmlichen Gangster-Duos steht. Dass der gute Cop neben Schwester Whoopi der einzige Schwarze ist, passt gut ins Bild, so gut, wie die schwarz/weißen Kleidchen der Nonnen. Die permanente Differenz zwischen dem Leben der Gläubigen und dem Real-Life wird folgerichtig in der Endszene, als eine ganze Schar an Nonnen im Casino herumwuselt, auf unschlagbar amüsante Weise verdeutlicht. Und auch wir fragen uns am Ende des Films: Was zählt wirklich im Leben? Sister Act: ein heißer Kanditat auf Platz 1. Die einzige Frage lautet: Ist Sister Act handwerklich nicht tatsächlich zu gut gemacht um überhaupt noch als schlechter Film durchzugehen? (Wir werden dies beim Stand von 12 Filmen nocheinmal zur Diskussion stellen müssen.)
Der Womanizer - Die Nacht der Exfreundinnen: Auch hier wird wieder wunderbar postmodern zusammengewürfelt - diesmal in tatsächlich erstaunlicher Kombination: Das Genre Romantic Comedy (aka RomCom, inclusive Ex-Girlfriend und Hochzeitsmovie) trifft auf den Charles Dickens Klassiker
A Christmas Carol, der seine einhunderttausendste, aber eindeutig beste Verfilmung erfährt. (Der Protagonist bekommt Besuch von den Geistern der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft) Wir haben es im Womanizer zu meiner allergrößten Freude also auch mit einem Zeitreise-Film zu tun. Appropos Zeit: Bewundernswert ist dieser Film in unserer Liste allein schon wegen seinem Erscheinungsjahr (2009): Während die späten 80er und frühen 90er als die Hochblüte des guten schlechten Films gesehen werden können, verirrt sich heute kaum mehr ein Vertreter unseres geliebten Untersuchungsgegenstandes in die Kinos. Der Womanizer schafft es allerdings, die einhundertmillionste RomCom, das achtmilliardste Hochzeitsmovie und die wie gesagt 100.000ste Christmas-Carol-Verfilmung zu sein und trotzdem noch von vorn bis hinten zu unterhalten - ohne allerdings mit einem seiner Genres zu brechen. So herzzerreissend unkorrekt wie der Womanizer war in Hollywood schon lange keiner mehr: Der Grad an Sexismus, den Protagonist Connor an den Tag legt, ist tatsächlich positiv überraschend. Denn nichts anders, als ein bissiges (wenn auch trotzdem dümmliches) Kommentar auf die scheinbar aufgeklärten, aber letztdenendes zum totkotzen konservativen Lover der zeitgenössischen, prüden RomComs, ist dieser Protagonist. Gleich zu Beginn macht der polygame Connor mit drei seiner Girlfriends Schluß, und zwar per Sykpe-Konferenzschaltung mit allen drei gleichzeitig - um Zeit zu sparen, weil im Hintergrund schon das nächste Model auf der Castingcouch gevögelt werden will. Herrlich, dieses Niveau! Und noch herrlicher, dass das wirklich witzig ist! Aber es wäre ja nicht ein schlechter Film, wenn auch diese Figur nicht zur Vernunft und also zur wahren (monogamen) Liebe gebracht würde. Connor bereut sein lasterhaftes Verhalten, und wenn bei Dickens die Armen mit Essen beschenkt werden, so werden es hier am Ende die Frauen mit Liebe, womit der Film den Sexismus seines Protagonisten ganz in Hollywood Manier noch zehnfach übertrifft. Denn im Womanizer läuft alles genau so, wie es laufen muss. Aber warum auch immer: Schon lange nicht mehr waren wir so glücklich, wenn sich am Ende das heterosexuelle Paar endlich, endlich findet. In Ewigkeit Amen.
- Dialog an der Bar:
Brautjungfer: Über was hast du dich den mit der Brautmutter so angeregt unterhalten?
Connor: Über Gelegenheitssex. Welche Stellung nimmst du denn bei diesem interessanten Thema ein?
Brautjungfer: Oben... äh ich meine, ich bin dafür.
Connor: Approps, ich hab die Gesellschaft aller Brautjungfern genossen, bis auf deine. Ich hoffe diese Ungerechtigkeit kann man aus der Welt schaffen. Hoppel doch schon mal auf mein Zimmer, setz Wasser auf, hol die Hühnerkralle aus meinem Koffer, mach ein paar leichte Dehnübungen, in fünf Minuten bin ich oben. (Brautjungfer ab)
Connor (zum Kellner): Ja so läuft das mein Sohn, so läuft das.
Kellner: Läuft das mit Jungs auch?
Connor: Ja höchstwahrscheinlich.
Lebensmensch - 2013-05-30 13:42
james bond 007: skyfall
sam mendes, der von steven lincolnistsicherscheißeohnedassichesgesehenhabe spielberg zum film geholt und mit american beauty sein oscar prämiertes debut inklusive drehbuch von true blood autor allen ball gab, hat da einen wirklich schönen james bond zusammengebastelt in dem es vor allem um eines geht: james bond. was batman hätte sein können, der beste traditionsaction des jahres, wurde so also skyfall und gerade dieser vergleich macht sie sicher und zeigt auf, wie man einem flim macht, in dem es um die rolle eines antiquierten genrehelden in unserem ach so digitalen zeitalter geht. dabei hat mendes fleißig von nolan abgeschaut. vor allem javier bardem erinnert stark an heath ledgers joker und verkörpert aufgrund der folgen einer zyankalikapsel-bekannschaft gleichzeitig two face. dem nicht genug: auch james bond ist ein waisenkind (welche M zufolge immer die besten rekruten sind). und da ist auch das dunkle loch, in dem sich bond, ähnlich wie der fledermausmann, zurückzieht um seine kindheit auszumerzen. aber bond ist härter. die figur und der film. während der dark knight mit den oldies freeman, cane und nomen est omen oldman ins unnötige moral und tränen gesülze abtriftet und immer wieder diese unausgegorene frage nach recht und unrecht in den raum wirft, nur um am ende stets zum einwandfreien übermenschen batman zurückzukommen und also überhaupt nicht differenziert ist, geht dieser kelch an bond vorüber. grund dafür ist die pragmatische iron lady M, perfekt besetzt mit judy dench, die zeigt wie oldies goldies sein können und die ihren 007 in der anfangssequenz gleich mal abknallen läßt. muss es sein? es muss sein! auch bardem hat unter der härte von dench gelitten und ach ja: da stirbt ja gleich noch ein agent gleich zu beginn des filmes, weil die mi6 festplatte halt wichtiger ist. schön ist nicht, dass dench diese ihre haltung so konsequent durchzieht, sondern dass sie diese haltung bis auf einen unnötigen kommentar am ende überhaupt nicht in frage stellt. so bleibt uns diese pseudo ausverhandlung der großen moral-fragen gottseidank erspart. das auch deshalb, weil skyfall immer wieder darauf hinweist, dass wir im bond universum sind, im kino also, jedoch nicht, ohne sich über aktuelle probleme gedanken zu machen.
im zeitalter von wikileaks gibt es keine geheimnisse mehr, eine pikante veröffentlichung auf youtube kostet gleich mal 5 agenten das leben. wie also noch geheimagent in einer welt sein, in der es keine geheimnisse mehr gibt? M hat eine klare antwort: wir wissen nicht mehr über die welt als früher, ganz im gegenteil: wir kennen unsere feinde nicht mehr. es könnte jeder sein. terrorismus web 2.0 also. darauf reagiert der mi6 zwar durch die besetzung von q mit einem, gottseidank nicht zu comedyhaften jungen computernerd, stellt aber die oberste prämisse nicht in frage: irgendjemand muss immer noch den abzug drücken. warum? ganz einfach: weil wir james bond nicht zu grabe tragen wollen. der film verortet sich selbst nicht nur in der bond, sondern der ganzen kino tradition. die film-zitate wuchern nur so, ich hab sicher nur die wenigsten erkannt. aber wenn da einer mit einem hubschrauber angeflogen kommt, aus dem lautstark musik dröhnt, läutet selbst bei mir der quote-button. (wolfgang schmitt jun fielen auch noch eine ganze menge hitchcock zitate auf und natürlich das brennende haus am schluß: opfer). skyfall erzählt davon, dass auch bond ist ein teil der kinogeschichte ist, was nicht nur auf einer formalen ebene sondern auch innerdiegetisch verhandelt wird. diese ganze selbstreferzialität ist eigentlich großartig, wird aber durch den ein oder anderen schmäh zu weit getrieben. dennoch ist es schön, dass bond sich gegen ende tatsächlich in den alten aston martin von sean connery (oder wars roger moore?) setzt und raus aufs land fährt, ins (gehasste) elternhaus. dass er aber auf ms frage, wohin es denn gehe, sagt: in die vergangenheit - das ist zuviel des guten. wir sehen es ja selbst.
aber man sieht auch, wie gut der film auf die bond struktur zuruckgreift, auf dieses immer gleiche muster: eröffnungsverfolgungsjagd - m tritt auf - q tritt auf - bondgirl tritt auf (oft eine gegenspielerin) - vergewaltigungssex - bond wird gefangen genommen - kommt frei - tötet seinen gegner. mendes zeigt, wie man dieses muster kreativ beibehält: dass bond zb einfach in die dusche der bald darauf natürlich toten sexy lady geht, das wäre in jedem anderen film nur lächerlich - aber bond darf das. noch verrückter die auferstehungsszene bei dem strand-girl (was wohl nicht unabsichtlich eine kalypso - odysseus anspielung ist. denn nach seinem irrweg kehrt bond natürlich wieder heim zu m). und der bösewicht: dreht den spieß um, indem er sich ganz in bond-manier gefangen nehmen läßt, nur um mit großem trara wieder auszubrechen. das alles muss nicht mehr erklärt werden, wir haben es schon tausendmal gesehen. das ist praktisch, und dass das praktisch ist, hat mendes gut erkannt. man kann nur hoffen, dass er noch einen 007 dreht.
was wir auch noch sehen sind wunderschöne farben (shanghai szene oder das brennendes haus als hintergrund der eiswasserszene), eine fantastische ausstattung (bond never looked better), durchwegs gute besetzungen und natürlich anständige actionszenen.
übrigens: was soll es bedeuten, dass ralph finnes nach dem ss-offizier goeth und dem oberbösling voldemort nun den mi6 chef spielt? eine leise kritik am kriegs- und überwachungsstaat, der england ist und bleibt? nein quatsch, natürlich nicht. gerade skyfall feiert großbritannien mehr denn je und dass der queen ihr thronjubiläum mit 50 jahre bond zusammenfällt, kann einfach kein zufall sein.
übrigens: so gut bardem auch spielt, ist seine verkörperung des pervertierten schwulen bösewichts einfach nur scheiße und deplaziert. auch wenn das auch ein bond-zitat ist und auch wenn bond auf seine eigenen homoerotischen erfahrungen anspielt (who says ists my first time?). sehr sehr schade. muss es sein? es muss nicht! god shave the queen.
Lebensmensch - 2012-12-15 14:12
Willkommen zum Auftakt eines epischen Projekts: Ich möchte erstellen die Liste der besten schlechten Filme aller Zeiten. Wie schwierig es sein wird, diese Liste überhaupt zu verfassen, werde ich heute und in weiteren kommenden Teilen ergründen, um mich dann irgendwann an die Liste selbst zu machen.
Teil Eins: Hürden am Beispiel James Cameron
Es ist ein Kreuz! Sie scheint zum Greifen nahe und ist doch nicht ohne Magengeschwür zu bekommen: Die ultimative Liste der besten schlechten Filme aller Zeiten. Neben der Liste der größten Todesfälle aller Zeiten, die allein durch das epische Kopf an Kopf Duell um Platz Eins, ausgetragen natürlich von JFK und Diana, jeden Atem raubt, scheint mir die Liste der besten schlechten Filme aller Zeiten auf Platz Zwei der Liste der besten Listen aller Zeiten zu sein. Es liegt ja am Grundsätzlichen. So einfach ein Todesfall zu erkennen und kategorisieren ist, entzieht sich der Begriff des schlechten Films jeder endgültigen Definition. Was ist denn nun ein schlechter Film, was sind seine unverrückbaren Merkmale und wo hört ein schlechter Film auf, einer zu sein? Reichen einzelne Aspekte des Films schon aus, um das vermeintlich abwertende Attribut „schlecht“ abschütteln zu können? Was tun mit einem schlechten Film, der jedoch über einen hervorragenden Soundtrack verfügt, was tun mit einem miesen Streifen, der durch innovative Kameraführung besticht? Hier schon muss der Ersteller einer solchen Liste, so er um deren Zustandekommen bemüht ist, aufhören zu differenzieren. Das ist das Wesen der Kategorie und es ist gut so.
Sieht gut aus, kann aber nichts
Nehmen wir als Beispiel Avatar von James Cameron (ein Regisseur, anhand dessen allein man die ganze Problematik des schlechten Filmes diskutieren könnte). Avatar ist ein unglaublich aufwendig und technisch natürlich gekonnt inszenierter Film, der einen wahren Boom an 3D Filmen nach sich gezogen hat und dessen filmgeschichtliche Bedeutung allein deshalb schon nicht von der Hand zu weisen ist. Andererseits ist Avatar jedoch ein so unglaublicher – verzeihen Sie - Scheissdreck, dass er nie im Leben nicht auch nur den Hauch einer Chance hätte, in meine erlesene Liste der besten schlechten Filme aufgenommen zu werden. Nein, nein! Ganz im Gegenteil: Was immer auch passiert, im übrigen bin ich der Meinung, dass Avatar der schlechteste schlechte Film aller Zeiten ist. Aber warum? Und was tun wir mit den genannten Einwänden? Es verhält sich folgendermaßen: Angesichts des erschütternden Ergebnisses, verwandeln sich die immensen Kosten und die unglaublichen technischen Raffinessen, die in diesem Film stecken, und ihn so weit nach oben bringen sollten, in das ganze Gewicht seines ihn nun in endlose Tiefen schleudernden Ambosses der Gerechtigkeit. Das ist der Fluch der Dialektik und möge Adorno einst über Cameron das jüngste Gericht abhalten! Merken wir uns also: Ein guter schlechter Film darf nicht zu aufwendig und teuer gemacht sein.
[Avatar kann aber auch aus anderen Gründen nicht in meine Liste aufgenommen werden, obwohl, das sage ich gleich dazu, nicht alle diese Gründe gegen die Aufnahme in die Liste sprechen, dazu aber später. Also: Avatar reprodiziert Inhalt, ohne jede Innovation; er kleidet sich im Mantel des politisch engagierten, nur um die Themen Unterdrückung und Klimakatastrophe durch den vergewaltigenden Fleischwolf des Kommerziellen zu pressen; die Dialoge sind Phrasen ohne Humor; er dauert viel zu lange (was ganz ganz schlecht für einen guten schlechten Film ist, da gelten die heiligen 90 Minuten!), er nimmt sich zu ernst; er gibt nicht zu, dass er nur ein billiger TschaggBum Film ist; er hat mir nicht gefallen. (auch ganz schlecht für einen schlechten Film der um meine Gunst buhlt.)]
Das Kreuz mit dem Genre
Das Kreuz mit dem Genre könnte sich als größtes Problem für meine schöne Liste herausstellen. Das ließe sich an einem ganzen Haufen guter schlechter Filme festmachen, wie zB auch an einem der Topfavoriten für den ersten Platz (dazu mehr im folgenden Teil). Bleiben wir heute mal bei Cameron, ich sagte ja bereits, wie sehr man sich an dessen Werk abarbeiten kann (vielleicht ist er der beste schlechte Regisseur aller Zeiten, ohne auch nur mit einem Film in meiner Liste vertreten zu sein. Mal schauen...). Was sollen wir also zB tun mit Terminator (eins und zwei)? Sie werden es wohl auch nicht in die Liste der besten schlechten Filme schaffen. Weshalb? Nun, sie sind zu gut! Oder sagen wir lieber, und damit sind wir bei einem weiteren zentralen Problem dieser Liste: Der Film macht das, was er will, zu gut. Terminator möchte sein ein Actionfilm und er ist einer der besten. Das ist natürlich schlecht für uns. Nebenbei: Terminator möchte glänzen mit Special Effects und tut das heute noch immer beeindruckend (ganz im Gegensatz zu Avatars Holladrio-Kawumm). Terminator hat phantasitisch gecastete Schauspieler, historisch gewordene Dialoge und vor allem: Er erzählt eine wirklich gefinkelt-geniale Zeitreise-Story. Alles das ist eigentlich zu gut um noch schlecht zu sein. Schade!
Seien Sie auch nächstes Mal dabei, wenn es wieder geht um das Drama des Genres, verhandelt am Beispiel eines der Topfavouriten auf Platz Eins
Lebensmensch - 2011-04-15 13:38