Finsterworld: Eingesperrt im Krematorium
Ach Deutschland! Du bist das Land, in dem Polizisten mit Fußpflegeprodukten bestochen werden - und zwar erfolgreich. Diese Episode etwa, liefert eines jener genial-skurrilen Bilder, die in Finsterworld über das vor sich hin dösende Mutti-Land Germany gezeichnet werden. Und so beginnt Finsterworld auch ganz anders, als ich das erwartet hätte: Traumhafte Aufnahmen aus einem (vermeintlich) unberührten deutschen Wäldchen - und als Musik dazu gibt es tatsächlich Cat Stevens / Yussuf Islam (The Wind). Die Eier muss man erst mal haben, einen Film so beginnen zu lassen. Vor allem, weil es sich dabei weder um Ironie noch Zynismus handelt, gleichzeitig aber auch nicht um Pathos oder Kitsch, sondern um irgendetwas anderes, irgendwas, das schwer zu fassen ist, gleichzeitig ein bisschen stimmig und ein bisschen verstörend. Es handelt sich also um Kunst. (wie ich sie am liebsten mag. aka: wie sie sein soll)
Finsterworld wäre um ein Haar ein wirklich fantasitisches Portrait über Deutschland geworden und noch dazu ein richtig guter deutscher Kinofilm (und davon gibt es wahrlich nicht viele). Umso tragischer, dass man es dann doch ein wenig vermasselt hat.
Wenn da nur Draco nicht wäre
Als ob der Faschismus blond wäre. Blond und blauäugig und elitär. Blond und blauäugig und elitär und (Achtung, jetzt kommts), intelligent. Nenene, das glaub ich nicht, dass der Faschismus so aussieht. Ich weiß allerdings gar nicht, wie er denn nun wirklich aussieht. Ich glaube ja viel mehr, der deutsche Gegenwartsfaschismus hat kein Gesicht. Der Kapitalismus schon, der hat viele, so so viele, ein wahres Tentalkelgesicht ist der Kapitalismus, ein tausendarmiges Scheusal, so umfassend, dass er den Faschismus längst einverleibt hat und irgendwo als lebenden Kadaver zappeln läßt. (Ja, ich weiß: Naturalisierung (dh Mythisierung) wirken einem Verstehen entgegen und kann dem Kapitalismus nur recht sein. Ich aber bin in diesem Falle zu wenig klug für etwas anderes.)
However. So sieht er jedenfalls aus, der ultimative Bösewicht in Finsterworld, der zumindest laut Christian Kracht (Drehbuch!) den Faschismus repräsentiert (oder wohl eher verkörpert). Leider gabs diesen bloden Teufel unlängst schon ausführlichst im Kino zu bewundern: Draco Malfoy, reinrassiger Musterschüler aus Hogwarts. Könnte trotzdem ja irgendwie noch gut gehen, wenn da nicht auch noch alles andere an dieser Figur (und überhaupt dieser ganzen KZ-Besuch-Story) überraschend stereotyp und flach wäre. Wie konnte das passieren, wo es in dem selben Film so wunderbar eigenartige Figuren gibt? Absicht? Weil eben Faschismus = simpel? Schade vor allem deswegen, weil man sich so eine der eindrucksvollsten Szenen ever verbaut. Die linksliberale Sympathieträger-Schülerin wird während dem KZ-Besuch von Draco und seinem Helferlein in den Verbrennungsofen gesperrt. Sie brüllt und weint und schreit, aber, liebe deutsche Nachgeborene, auch für dich gibt es kein Entrinnen aus dem Holocaust. Was für ein Bild. Und so wäre es das Beste gewesen, man hätte die KZ-Episode dabei belassen, anstatt den unsinnigsten Twist des ganzen Films einzubauen, den zu verraten ich mir nun verkneifen werde. Sehr, sehr schade drum. Irgendwie scheint es dann doch, dass auch dieser Film sich nicht ganz befreien kann. Und zwar aus einer Zwangsjacke des Erzählens.
Leider doch nach Anleitung
Es sind vorallem die letzten 15-20 Minuten, die vieles von dem, was so behutsam und rätselhaft und liebevoll über den ganzen Film hinweg aufgebaut wurde, wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen läßt. Jede Episode bekommt dann plötzlich ein Ende und damit also einen Sinn (weil you know: Ende (aka Tod) = Zeit = Sinn.) Aber wir wissen auch: "Geh weg du blöder Sausinn!", wie ja Krachts Kollege R. Goetz so schön geschrieben hat. Hat hier die gebürtige Dokumentarfilmerin Frauke Finsterwalder ihrem Drehbuchautor und Ehegatten C. Kracht ein doch zu literarisches Zugeständnis gemacht und den Eindruck, der Erzählung Untertan gemacht? (übrigens Spielfilmdebut von Fr. Finsterwalder, also umso mehr Hut ab! Und ja: Name Regisseurin / Name Film. Auch nicht unwitzig muss man sagen).
Ich finds umso seltsamer, weil ich das tatsächlich bewundernswerte Power-Pärchen Finsterwalder und Kracht bei einem ausführlichen Gespräch in Köln gesehen habe und die dort erzählt haben, sie wollten das Drehbuch erst so einem Ratgeber folgend schreiben ("How to write a Drehbuch"), was sie aber dann doch nicht gemacht haben. Was letztlich dabei rausgekommen ist, ist zwar, ums nochmal zu sagen, großartig, dann aber leider doch ein bisschen kaputt erzählt, im vorauseilenden Gehorsam an längst überholte Erzählkonventionen. Typisch deutsch also.
Finsterworld wäre um ein Haar ein wirklich fantasitisches Portrait über Deutschland geworden und noch dazu ein richtig guter deutscher Kinofilm (und davon gibt es wahrlich nicht viele). Umso tragischer, dass man es dann doch ein wenig vermasselt hat.
Wenn da nur Draco nicht wäre
Als ob der Faschismus blond wäre. Blond und blauäugig und elitär. Blond und blauäugig und elitär und (Achtung, jetzt kommts), intelligent. Nenene, das glaub ich nicht, dass der Faschismus so aussieht. Ich weiß allerdings gar nicht, wie er denn nun wirklich aussieht. Ich glaube ja viel mehr, der deutsche Gegenwartsfaschismus hat kein Gesicht. Der Kapitalismus schon, der hat viele, so so viele, ein wahres Tentalkelgesicht ist der Kapitalismus, ein tausendarmiges Scheusal, so umfassend, dass er den Faschismus längst einverleibt hat und irgendwo als lebenden Kadaver zappeln läßt. (Ja, ich weiß: Naturalisierung (dh Mythisierung) wirken einem Verstehen entgegen und kann dem Kapitalismus nur recht sein. Ich aber bin in diesem Falle zu wenig klug für etwas anderes.)
However. So sieht er jedenfalls aus, der ultimative Bösewicht in Finsterworld, der zumindest laut Christian Kracht (Drehbuch!) den Faschismus repräsentiert (oder wohl eher verkörpert). Leider gabs diesen bloden Teufel unlängst schon ausführlichst im Kino zu bewundern: Draco Malfoy, reinrassiger Musterschüler aus Hogwarts. Könnte trotzdem ja irgendwie noch gut gehen, wenn da nicht auch noch alles andere an dieser Figur (und überhaupt dieser ganzen KZ-Besuch-Story) überraschend stereotyp und flach wäre. Wie konnte das passieren, wo es in dem selben Film so wunderbar eigenartige Figuren gibt? Absicht? Weil eben Faschismus = simpel? Schade vor allem deswegen, weil man sich so eine der eindrucksvollsten Szenen ever verbaut. Die linksliberale Sympathieträger-Schülerin wird während dem KZ-Besuch von Draco und seinem Helferlein in den Verbrennungsofen gesperrt. Sie brüllt und weint und schreit, aber, liebe deutsche Nachgeborene, auch für dich gibt es kein Entrinnen aus dem Holocaust. Was für ein Bild. Und so wäre es das Beste gewesen, man hätte die KZ-Episode dabei belassen, anstatt den unsinnigsten Twist des ganzen Films einzubauen, den zu verraten ich mir nun verkneifen werde. Sehr, sehr schade drum. Irgendwie scheint es dann doch, dass auch dieser Film sich nicht ganz befreien kann. Und zwar aus einer Zwangsjacke des Erzählens.
Leider doch nach Anleitung
Es sind vorallem die letzten 15-20 Minuten, die vieles von dem, was so behutsam und rätselhaft und liebevoll über den ganzen Film hinweg aufgebaut wurde, wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen läßt. Jede Episode bekommt dann plötzlich ein Ende und damit also einen Sinn (weil you know: Ende (aka Tod) = Zeit = Sinn.) Aber wir wissen auch: "Geh weg du blöder Sausinn!", wie ja Krachts Kollege R. Goetz so schön geschrieben hat. Hat hier die gebürtige Dokumentarfilmerin Frauke Finsterwalder ihrem Drehbuchautor und Ehegatten C. Kracht ein doch zu literarisches Zugeständnis gemacht und den Eindruck, der Erzählung Untertan gemacht? (übrigens Spielfilmdebut von Fr. Finsterwalder, also umso mehr Hut ab! Und ja: Name Regisseurin / Name Film. Auch nicht unwitzig muss man sagen).
Ich finds umso seltsamer, weil ich das tatsächlich bewundernswerte Power-Pärchen Finsterwalder und Kracht bei einem ausführlichen Gespräch in Köln gesehen habe und die dort erzählt haben, sie wollten das Drehbuch erst so einem Ratgeber folgend schreiben ("How to write a Drehbuch"), was sie aber dann doch nicht gemacht haben. Was letztlich dabei rausgekommen ist, ist zwar, ums nochmal zu sagen, großartig, dann aber leider doch ein bisschen kaputt erzählt, im vorauseilenden Gehorsam an längst überholte Erzählkonventionen. Typisch deutsch also.
Lebensmensch - 2013-11-28 13:20
Lebensmensch - 2013-11-29 17:39
jetzt habe ich nur geschrieben, was mich stört, und nicht, was super ist. so ists halt mit diesem blöden kritikertum. (filmkritiken schreiben ist wie fideralalala singen, irgendwie geil und ekelhaft zugleich)
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