"NIE WIEDER KRONENZEITUNG" OFFENER BRIEF VON ALLEN ÖSTERREICHISCHEN KÜNSTLERINNEN
viele künstlerInnen werden dieser tage in die hände der kronenzeitung getrieben. viele von uns gaben interviews oder schrieben sogar artikel! doch das waren panikattacken, ausgelöst durch das gespenst des prekariats. die krise zeigte ihr schrecklichstes gesicht.
als klarstellung folgt ein offener brief von allen österreichischen künstlerInnen, den ich hier stellvertretend formuliere. ich hätte sie alle, oder auch nur eine/n einzige/n fragen können - aber es wäre zeitverschwendung. denn es herrscht konsens. ich bin mir sicher.
warum geben wir der krone keine interviews? es gibt tausend gründe und mehr. aber einer reicht. die nähe der krone zum nationalsozialismus. ihre führerliebe, ihr täter-schutz, ihre verhöhnung der opfer.
kunst ist, im besten fall, mythenzertrümmerung. sie ist ein kampf gegen verharmlosungen und euphemismen, gegen das trotzdem und das abnicken. gegen strukturelle gewalt, gegen die phrase.
auch der nationalsozialismus ist zur phrase verkommen. wiederbetätigung ist ein kavaliersdelikt und antifaschismus eine lästige spinnerei von linksradikalen.
in österreich sitzen nationalsozialisten, burschenschafter und rechtspopulisten seit jahrzehnten in den ersten reihen. allein bruno kreisky holte vier ehemalige ss bzw nsdap mitglieder in seine erste regierung. gemeisam mit der krone bildete er viele jahre die doppelspitze des verdrängungs-weltmeisters. ihre zielscheiben waren nicht nur simon wiesenthal oder thomas bernhard, sondern viele weitere menschen, die sich gegen das zudecken gewehrt haben. das erbe des krone-kanzlers kreisky ist fatal. vor allem weil es sich angepasst hat:
zum baubeginn einer shoah namensmauer in wien hielt övp-ministerin edstadtler letztes jahr eine rede. “ich bin zwar keine jüdin, doch auch ich weiß, wie es sich anfühlt, einen geliebten menschen zu verlieren”. ihr großvater sei nämlich bei einem verkehrsunfall ums leben gekommen als edtstadler 12 jahre alt war. keine pointe.
edstadtler bezeugt die herrschende entpolitisierung der ns-zeit. es ist die meisterprüfung der verdrängung. gedenken ja ok, nur man weiß nicht mehr, wessen man da eigentlich gedenkt. man will nicht wissen was das wirklich bedeutet: holocaust.
auch manche künstlerInnen haben sich von dieser geschichtsvergessenheit anstecken lassen, als sie der krone ihre stimme liehen - wir entschuldigen uns dafür. denn wir alle sind - wie unsere ministerin - enkelkinder. enkelkinder derjenigen, die sieben millionen ins grab geschickt haben. erschossen in babi yar, erstickt in den gaswägen von chełmno, in den gaskammern von auschwitz und treblinka und sobibor.
wir schämen uns für das verdrängen. für den kampf gegen die erinnerungskultur, dieser fortzsetzung des krieges mit anderen mitteln.
daran denken wir, wenn wir die kronenzeitung lesen. daran, was das wirklich bedeutet: holocaust. hinter der phrase, hinter der schlagzeile.
wenn wir die zahlreichen gedichte von wolf martin lesen, die er regelmäßig an hitlers geburtstag veröffentlicht hat, dann denken wir an abraham bomba, der in claude lanzmanns film "shoah" seine gesichte erzählt. als jüdischer friseur musste er in treblinka menschen die haare schneiden bevor sie in die gaskammern geschickt wurden. er versuchte, die menschen zu beruhigen, verschwieg ihnen was kommen wird - denn sie ahnten es nicht. er berichtet von einem weiterem friseur, der ebenfalls im lager tätig war. eines tages wurden dessen frau und schwester zum haarescheiden gebracht. diesen beiden frauen wurden die haare geschnitten, von ihren geliebten menschen, minuten bevor sie ermordet wurden.
daran denken wir. und an nichts anderes. darum geht es. und um nichts anderes. davon sprechen wir, wenn wir vom nationalsozialismus sprechen, und von nichts anderem.
wenn wir wolf martins hitler-hymmnen lesen, dann denken wir an den jüdischen friseur abraham bomba, an seinen kollegen, an dessen frau und dessen schwägerin. und nichts fällt uns leichter als jede anfrage der krone abzulehnen. heute und morgen und jeden tag. nichts ist selbstverständlicher für uns.
wenn wir die unzähligen texte von staberl lesen, wenn wir seinen antisemitusmus lesen, dann denken wir an babi jar. daran, dass über 33.000 jüdinnen und juden in 2 tagen von der ss erschossen wurden. dreiunddreißigtausend. in zwei tagen. wir denken, wenn wir die krone lesen, an die ss offiziere, die meterhoch im blut gewatet sind, sich übergeben haben und weiter geschossen haben. an die menschen, die ihre todesschüsse von weitem vernahmen, stunden vorher, bevor sie selbst an der reihe waren. an die sehr wenigen, die das massaker überlebten und nachts unter den leichenbgeren hervorkrochen, schwer verwundet, ihre schwestern und väter und freund*innen zur seite schiebend.
daran denken wir, wenn wir die ansisemitischen texte von staberl lesen und an nichts anderes.
wenn wir den immerwährenden kampf der krone gegen migrantInnen, andersdenkende, linke, intellektuelle und künstlerInnen verfolgen, dann denken wir an babi jar. und wir sind fasslungslos darüber, dass dieses medium jährlich millionen euro förderung bekommt. von unserem geld. inserate der regierung noch und nöcher. einer regierung in der auch grüne sitzen. wir sind fassungslos und wütend und traurig. und entschlossen. nicht mit uns.
wenn wir die texte von andreas mölzer lesen, seine kommentare in der krone, denken wir an den holocaust. wenn wir die krone-artikel über das oberwart-attentat lesen, wo der neo-nazi franz fuchs vier roma und sinti ermordete, denen die krone selbst die schuld gab, dann denken wir daran, was das eigentlich bedeutet. und was das für uns bedeutet. wenn wir an die krone kampagnen pro waldheim denken, ihre hetze gegen bernhards heldenplatz, dann haben wir keinen zweifel auf welcher seite wir stehen.
wenn wir michael jeanee lesen, etwa seine zitate vom deutschlandlied und von nazi-propaganda, die er während der fußball wm 2014 geschrieben hat. ("jogi jogi über alles!" "heute brasilien, morgen die ganze welt!"), dann denken wir an filip müller, der monatelang in den krematorien in auschwitz arbeiten musste. der die gaskammern instand hielten musste und die leichen beseitigen. hunderttausende. er überlebte auschwitz und machte es sich zur aufgabe darüber zu berichten, "... was sich zwischen den Wänden abgespielt hat und wie es möglich war, innerhalb von 24 Stunden fast dreißigtausend Menschen zu erledigen. Dieses Geheimnis zu zeigen, das war meine Aufgabe." sagt filip müller.
ihm sind wir verpflichtet. wir wollen nicht, dass auschwitz ein geheimnis bleibt. ein hollywood-film. eine zdf-history doku. ein witz in den texten von jeanee und martin und staberl. es kann keine verharlosung und vertröstung und verjährung geben. nicht für uns. keine rechtfertigung keinen milimeter.
nichts kommt uns selbstverständlicher über die lippen als ein nein, wenn uns ein krone redakteur lockt. nichts ist selbstverständlicher als dieses niemals, das unser nie wieder bedeutet.
wenn wir sagen, wir geben der krone kein interview, weil wir ihre texte zum nationalsozialismus ablehnen und das verhältnis ihrer redakteure zum nationalsozialismus ablehnen, dann wissen wir, wovon wir reden. wir reden nicht in phrasen. wir nicht. wir sehen den abgrund, der sich vor uns auftut, wenn wir die krone aufschlagen. wir lassen uns nicht ein auf dieses spiel. wir wollen keine ruhe geben. wir machen uns nicht zu komplizinnen und komplizen.
nie wieder.
als klarstellung folgt ein offener brief von allen österreichischen künstlerInnen, den ich hier stellvertretend formuliere. ich hätte sie alle, oder auch nur eine/n einzige/n fragen können - aber es wäre zeitverschwendung. denn es herrscht konsens. ich bin mir sicher.
warum geben wir der krone keine interviews? es gibt tausend gründe und mehr. aber einer reicht. die nähe der krone zum nationalsozialismus. ihre führerliebe, ihr täter-schutz, ihre verhöhnung der opfer.
kunst ist, im besten fall, mythenzertrümmerung. sie ist ein kampf gegen verharmlosungen und euphemismen, gegen das trotzdem und das abnicken. gegen strukturelle gewalt, gegen die phrase.
auch der nationalsozialismus ist zur phrase verkommen. wiederbetätigung ist ein kavaliersdelikt und antifaschismus eine lästige spinnerei von linksradikalen.
in österreich sitzen nationalsozialisten, burschenschafter und rechtspopulisten seit jahrzehnten in den ersten reihen. allein bruno kreisky holte vier ehemalige ss bzw nsdap mitglieder in seine erste regierung. gemeisam mit der krone bildete er viele jahre die doppelspitze des verdrängungs-weltmeisters. ihre zielscheiben waren nicht nur simon wiesenthal oder thomas bernhard, sondern viele weitere menschen, die sich gegen das zudecken gewehrt haben. das erbe des krone-kanzlers kreisky ist fatal. vor allem weil es sich angepasst hat:
zum baubeginn einer shoah namensmauer in wien hielt övp-ministerin edstadtler letztes jahr eine rede. “ich bin zwar keine jüdin, doch auch ich weiß, wie es sich anfühlt, einen geliebten menschen zu verlieren”. ihr großvater sei nämlich bei einem verkehrsunfall ums leben gekommen als edtstadler 12 jahre alt war. keine pointe.
edstadtler bezeugt die herrschende entpolitisierung der ns-zeit. es ist die meisterprüfung der verdrängung. gedenken ja ok, nur man weiß nicht mehr, wessen man da eigentlich gedenkt. man will nicht wissen was das wirklich bedeutet: holocaust.
auch manche künstlerInnen haben sich von dieser geschichtsvergessenheit anstecken lassen, als sie der krone ihre stimme liehen - wir entschuldigen uns dafür. denn wir alle sind - wie unsere ministerin - enkelkinder. enkelkinder derjenigen, die sieben millionen ins grab geschickt haben. erschossen in babi yar, erstickt in den gaswägen von chełmno, in den gaskammern von auschwitz und treblinka und sobibor.
wir schämen uns für das verdrängen. für den kampf gegen die erinnerungskultur, dieser fortzsetzung des krieges mit anderen mitteln.
daran denken wir, wenn wir die kronenzeitung lesen. daran, was das wirklich bedeutet: holocaust. hinter der phrase, hinter der schlagzeile.
wenn wir die zahlreichen gedichte von wolf martin lesen, die er regelmäßig an hitlers geburtstag veröffentlicht hat, dann denken wir an abraham bomba, der in claude lanzmanns film "shoah" seine gesichte erzählt. als jüdischer friseur musste er in treblinka menschen die haare schneiden bevor sie in die gaskammern geschickt wurden. er versuchte, die menschen zu beruhigen, verschwieg ihnen was kommen wird - denn sie ahnten es nicht. er berichtet von einem weiterem friseur, der ebenfalls im lager tätig war. eines tages wurden dessen frau und schwester zum haarescheiden gebracht. diesen beiden frauen wurden die haare geschnitten, von ihren geliebten menschen, minuten bevor sie ermordet wurden.
daran denken wir. und an nichts anderes. darum geht es. und um nichts anderes. davon sprechen wir, wenn wir vom nationalsozialismus sprechen, und von nichts anderem.
wenn wir wolf martins hitler-hymmnen lesen, dann denken wir an den jüdischen friseur abraham bomba, an seinen kollegen, an dessen frau und dessen schwägerin. und nichts fällt uns leichter als jede anfrage der krone abzulehnen. heute und morgen und jeden tag. nichts ist selbstverständlicher für uns.
wenn wir die unzähligen texte von staberl lesen, wenn wir seinen antisemitusmus lesen, dann denken wir an babi jar. daran, dass über 33.000 jüdinnen und juden in 2 tagen von der ss erschossen wurden. dreiunddreißigtausend. in zwei tagen. wir denken, wenn wir die krone lesen, an die ss offiziere, die meterhoch im blut gewatet sind, sich übergeben haben und weiter geschossen haben. an die menschen, die ihre todesschüsse von weitem vernahmen, stunden vorher, bevor sie selbst an der reihe waren. an die sehr wenigen, die das massaker überlebten und nachts unter den leichenbgeren hervorkrochen, schwer verwundet, ihre schwestern und väter und freund*innen zur seite schiebend.
daran denken wir, wenn wir die ansisemitischen texte von staberl lesen und an nichts anderes.
wenn wir den immerwährenden kampf der krone gegen migrantInnen, andersdenkende, linke, intellektuelle und künstlerInnen verfolgen, dann denken wir an babi jar. und wir sind fasslungslos darüber, dass dieses medium jährlich millionen euro förderung bekommt. von unserem geld. inserate der regierung noch und nöcher. einer regierung in der auch grüne sitzen. wir sind fassungslos und wütend und traurig. und entschlossen. nicht mit uns.
wenn wir die texte von andreas mölzer lesen, seine kommentare in der krone, denken wir an den holocaust. wenn wir die krone-artikel über das oberwart-attentat lesen, wo der neo-nazi franz fuchs vier roma und sinti ermordete, denen die krone selbst die schuld gab, dann denken wir daran, was das eigentlich bedeutet. und was das für uns bedeutet. wenn wir an die krone kampagnen pro waldheim denken, ihre hetze gegen bernhards heldenplatz, dann haben wir keinen zweifel auf welcher seite wir stehen.
wenn wir michael jeanee lesen, etwa seine zitate vom deutschlandlied und von nazi-propaganda, die er während der fußball wm 2014 geschrieben hat. ("jogi jogi über alles!" "heute brasilien, morgen die ganze welt!"), dann denken wir an filip müller, der monatelang in den krematorien in auschwitz arbeiten musste. der die gaskammern instand hielten musste und die leichen beseitigen. hunderttausende. er überlebte auschwitz und machte es sich zur aufgabe darüber zu berichten, "... was sich zwischen den Wänden abgespielt hat und wie es möglich war, innerhalb von 24 Stunden fast dreißigtausend Menschen zu erledigen. Dieses Geheimnis zu zeigen, das war meine Aufgabe." sagt filip müller.
ihm sind wir verpflichtet. wir wollen nicht, dass auschwitz ein geheimnis bleibt. ein hollywood-film. eine zdf-history doku. ein witz in den texten von jeanee und martin und staberl. es kann keine verharlosung und vertröstung und verjährung geben. nicht für uns. keine rechtfertigung keinen milimeter.
nichts kommt uns selbstverständlicher über die lippen als ein nein, wenn uns ein krone redakteur lockt. nichts ist selbstverständlicher als dieses niemals, das unser nie wieder bedeutet.
wenn wir sagen, wir geben der krone kein interview, weil wir ihre texte zum nationalsozialismus ablehnen und das verhältnis ihrer redakteure zum nationalsozialismus ablehnen, dann wissen wir, wovon wir reden. wir reden nicht in phrasen. wir nicht. wir sehen den abgrund, der sich vor uns auftut, wenn wir die krone aufschlagen. wir lassen uns nicht ein auf dieses spiel. wir wollen keine ruhe geben. wir machen uns nicht zu komplizinnen und komplizen.
nie wieder.
Lebensmensch - 2021-04-13 18:47