Liste der besten schlechten Filme aller Zeiten: Vorrunde Eins

Nach zweijähriger Vorarbeit darf ich heute die ersten Gewinner der ersten Vorrunde zur ultimativen Liste Die besten schlechten Filme aller Zeiten präsentieren. Insgesamt wird es vier Vorrunden geben, in denen jeweils drei Filme ausgezeichnet werden. Die zwölf Gewinnerfilme werden dann einer weiteren ausführlichen Untersuchung unterzogen, um im Anschluss die zwei schlechtesten guten schlechten Filme dieser zwölf Filme zu streichen und schlußendlich eine Top Ten anzufertigen.
Mit der Verkündigung der nächsten drei Vorrundengewinner rechnen wir im Frühjar 2014. Die Präsentation der endgültigen Top Ten wird für 2020 erwartet.
Die ersten drei Vorrundengewinner lauten:

Widmen wir uns zuerst Over The Top. Zur Erinnerung: Eine der Grundregeln dieser Liste lautet: Keine prototypischen Genre-Filme! Wenn sich ein Film zu streng an Genre-Gesetze hält, entzieht er sich unseren Urteilen, denn über was wir dann zu richten hätten, wären die Genre-Gesetze und nicht deren Exekutive. (Siehe auch unser Punkt: "Der Film macht das, was er will, zu gut"). Um so wunderbarer sind deshalb Filme, die haarscharf am klassischen Genre-Film vorbeischrammen, bzw. Filme, die gleich mehrere Genres zusammenwürfeln. (Siehe auch die vielen Genres von Sister Act). Over The Top wird in unserer Liste allerdings wohl das schönste Beispiel für diesen mehrfachen Tribut an den Genre-Film sein. Und was für Genres dieser Film erst anzapft: Den Sportfilm, das Road-Movie, das Sozial-Drama (Working-Class-Hero), sowie das wunderbare Genre: Verstoßener-Vater-wirbt-um-Liebe-des-Sohns-Film. Ich habe dieses 80er-Jahre-Juwel wiederentdeckt, als ich vor einigen Monaten auf Sport1 (ehemals DSF) gelandet bin, die jeden Dienstag das Sport1 Männer Movie zeigen. Und wahrlich, besser könnte ich es auch nicht auf den Punkt bringen. Ein Männer-Movie. Und doch so voller Herz, so voller Gefühl, so voller Liebe - das würde selbst Judith Butler zu Tränen rühren. Aber, liebe Judith, ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss. Weil, und das ist die Botschaft dieses Films: The world meets nobody halfway! Aber in Over The Top lernen Vater und Sohn voneinander. Verdeutlicht wird dies in zwei fantasitischen Szenen, auf die mich Benjamin Ramirez Perez aufmerksam gemacht hat: Wir sehen Lincoln und seinen Sohn Michael im Truck einschlafen. Michael legt seinen Kopf auf die Schulter des Vaters. Schnitt: Wir sehen, es ist Morgen. Und nun ist es der Vater, der auf der Schulter seines Sohnes schläft. Zweites Beispiel: Am Ende des Films bricht Michael von Zuhause aus, um beim lebenswichtigen Armdrückwettbewerb seines Vaters zuzusehen. In letzer Sekunde schafft er es noch rechtzeitig. Hier wird die klassische Szene - der Vater kommt (fast) zu spät zu der Schulaufführung des Kindes - auf den Kopf gestellt. Vater und Sohn sind sich also gegenseitig Schüler und Lehrer. Und alleine für diese weise Erkenntnis, für diese Dialektik der Erziehung, gebührt diesem Film ein Platz in den Top Ten. Ganz zu schweigen von den zahlreichen endgeilen Montagen und der noch endgeileren Musik, die den Höhepunkt der 80er-Jahre Soundtracks bildet. (In Arbeit befindet sich auch eine RadioRakingKing Ausgabe zu OTT, mit OTT Experte B. Patrick)
  • Schönstes Detail: Das im Truck integrierte Trainingsgerät
  • Schönste Überraschung: Kult-Wrestler Terry Funk spielt eine Nebenrolle (Bodyguard vom bösen Opa)


Bei Sister Act handelt es sich um das wundervollste Beispiel einer soliden Musikkomödie a la Hollywood, die den Mythos von der Kraft der Musik zu einem neuen Höhepunkt führt. (Ich möchte sagen, der beste Schmarrn über Musik seit den Meistersingern v. Nürnberg) Aber Sister Act ist nicht nur Musik, gleich eine Vielzahl an Genres werden hier meisterhaft zusammengewürfelt: Musical, Internatsfilm, Verwechslungskomödie und Gaunerfilm - und das alles in Kombination mit lachmuskelattakierendem Nonnennonsens. Das verlinkte Video zeigt, wie brillant einfach und klar die Charaktere der jeweiligen, wunderbar stereotypen Figuren in der ersten Gesangsszene präsentiert werden. In dieser unglaublichen Szene sehen wir Hollywood-Mainstream-Kino in absoluter Perfektion. Was alleine in diesen drei Minuten alles erzählt wird... einzigartig. (Ganz ehrlich: Ich bekomme auch beim hundersten Mal anschauen noch Gänsehaut bei dieser Szene.) Und auch der Cast von Sister Act verspricht eine Plazierung in den Top Ten. Jede einzelne Nonne hätte besser nicht besetzt werden können. Zudem haben wir mit Harvey Keitel als fiesem Las Vegas Gauner eine geradezu perfekte Besetzung der wichtigsten Nebenrolle. Veredelt wird dieser Handlungsstrang noch durch Keitels kongenialem Handlager-Duo, das ganz in der Hollywood-Tradition der dümmlichen Gangster-Duos steht. Dass der gute Cop neben Schwester Whoopi der einzige Schwarze ist, passt gut ins Bild, so gut, wie die schwarz/weißen Kleidchen der Nonnen. Die permanente Differenz zwischen dem Leben der Gläubigen und dem Real-Life wird folgerichtig in der Endszene, als eine ganze Schar an Nonnen im Casino herumwuselt, auf unschlagbar amüsante Weise verdeutlicht. Und auch wir fragen uns am Ende des Films: Was zählt wirklich im Leben? Sister Act: ein heißer Kanditat auf Platz 1. Die einzige Frage lautet: Ist Sister Act handwerklich nicht tatsächlich zu gut gemacht um überhaupt noch als schlechter Film durchzugehen? (Wir werden dies beim Stand von 12 Filmen nocheinmal zur Diskussion stellen müssen.)


Der Womanizer - Die Nacht der Exfreundinnen: Auch hier wird wieder wunderbar postmodern zusammengewürfelt - diesmal in tatsächlich erstaunlicher Kombination: Das Genre Romantic Comedy (aka RomCom, inclusive Ex-Girlfriend und Hochzeitsmovie) trifft auf den Charles Dickens Klassiker A Christmas Carol, der seine einhunderttausendste, aber eindeutig beste Verfilmung erfährt. (Der Protagonist bekommt Besuch von den Geistern der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft) Wir haben es im Womanizer zu meiner allergrößten Freude also auch mit einem Zeitreise-Film zu tun. Appropos Zeit: Bewundernswert ist dieser Film in unserer Liste allein schon wegen seinem Erscheinungsjahr (2009): Während die späten 80er und frühen 90er als die Hochblüte des guten schlechten Films gesehen werden können, verirrt sich heute kaum mehr ein Vertreter unseres geliebten Untersuchungsgegenstandes in die Kinos. Der Womanizer schafft es allerdings, die einhundertmillionste RomCom, das achtmilliardste Hochzeitsmovie und die wie gesagt 100.000ste Christmas-Carol-Verfilmung zu sein und trotzdem noch von vorn bis hinten zu unterhalten - ohne allerdings mit einem seiner Genres zu brechen. So herzzerreissend unkorrekt wie der Womanizer war in Hollywood schon lange keiner mehr: Der Grad an Sexismus, den Protagonist Connor an den Tag legt, ist tatsächlich positiv überraschend. Denn nichts anders, als ein bissiges (wenn auch trotzdem dümmliches) Kommentar auf die scheinbar aufgeklärten, aber letztdenendes zum totkotzen konservativen Lover der zeitgenössischen, prüden RomComs, ist dieser Protagonist. Gleich zu Beginn macht der polygame Connor mit drei seiner Girlfriends Schluß, und zwar per Sykpe-Konferenzschaltung mit allen drei gleichzeitig - um Zeit zu sparen, weil im Hintergrund schon das nächste Model auf der Castingcouch gevögelt werden will. Herrlich, dieses Niveau! Und noch herrlicher, dass das wirklich witzig ist! Aber es wäre ja nicht ein schlechter Film, wenn auch diese Figur nicht zur Vernunft und also zur wahren (monogamen) Liebe gebracht würde. Connor bereut sein lasterhaftes Verhalten, und wenn bei Dickens die Armen mit Essen beschenkt werden, so werden es hier am Ende die Frauen mit Liebe, womit der Film den Sexismus seines Protagonisten ganz in Hollywood Manier noch zehnfach übertrifft. Denn im Womanizer läuft alles genau so, wie es laufen muss. Aber warum auch immer: Schon lange nicht mehr waren wir so glücklich, wenn sich am Ende das heterosexuelle Paar endlich, endlich findet. In Ewigkeit Amen.

  • Dialog an der Bar:
    Brautjungfer: Über was hast du dich den mit der Brautmutter so angeregt unterhalten?
    Connor: Über Gelegenheitssex. Welche Stellung nimmst du denn bei diesem interessanten Thema ein?
    Brautjungfer: Oben... äh ich meine, ich bin dafür.
    Connor: Approps, ich hab die Gesellschaft aller Brautjungfern genossen, bis auf deine. Ich hoffe diese Ungerechtigkeit kann man aus der Welt schaffen. Hoppel doch schon mal auf mein Zimmer, setz Wasser auf, hol die Hühnerkralle aus meinem Koffer, mach ein paar leichte Dehnübungen, in fünf Minuten bin ich oben. (Brautjungfer ab)
    Connor (zum Kellner): Ja so läuft das mein Sohn, so läuft das.
    Kellner: Läuft das mit Jungs auch?
    Connor: Ja höchstwahrscheinlich.

leistung und vergnügen

Franz-Xaver Franz Drama-Queen

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elon der befreier
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